In einer Episode von Fundamental, der neuen Doku-Serie auf YouTube, sehen wir, mit welchen Herausforderungen LGBTQ+-Aktivist*innen in Georgien tagtäglich konfrontiert werden.
„Wir wollen nicht als Opfer gesehen werden“, sagt Eka Aghomelashvili, Leiterin der Women's Initiatives Supporting Group (WISG). Diese Frauenrechtsorganisation kümmert sich seit zwei Jahrzehnten darum, Georgien für Frauen und Menschen der LGBTQ+-Community sicherer zu machen. „Wir wollen als das gesehen werden, was wir sind. Wir sind Menschen, die kämpfen und sich selbst schützen. Wir warten nicht auf Retter*innen.“
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Im Interview erklärt uns Eka Tsereteli noch mehr über ihre Arbeit und warum der Kampf für LGBTQ+-Rechte in Georgien so hart ist.
Refinery29: Hat sich die Einstellung gegenüber LGBTQ+-Menschen in Georgien in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt verändert?
„Georgien ist ein Land mit einer zutiefst patriarchalischen Kultur. Aber in Bezug auf das Rechtswesen haben wir schon einige Fortschritte gemacht. Wir haben jetzt ein Antidiskriminierungsgesetz, in dem ausdrücklich geschrieben steht, dass niemand aufgrund der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität oder einem anderen Grund diskriminiert werden darf.“
„Auf der anderen Seite belegen viele Studien aber, dass die Massengewalt gegenüber Menschen der LGBTQ+-Gemeinschaft sich hier immens verschlimmert hat. Die Kluft zwischen der gesellschaftlichen Haltung gegenüber queeren Menschen, der Rechtsgebung und der Strafverfolgung schafft eine explosive Atmosphäre.“
In der Folge wird auch über die Ereignisse vom Mai 2013 gesprochen. Damals attackierten Menschen friedliche Demonstrant*innen eines LGBTQ+-Marschs. Mindestens 12 Menschen landeten im Krankenhaus. Hat dieses tragische Ereignis die Bewegung verändert?
„Der 17. Mai 2013 wird häufig als ein Meilenstein im LGBTQ+-Aktivismus in Georgien angesehen. Leider zeigte dieser Tag nur, wie gewalttätig die Gesellschaft ist, in der wir leben; wie wie viel Macht die Kirche in Georgien wirklich hat. Seitdem gibt es jedes Jahr am 17. Mai einen Marsch gegen Homosexuelle – und der trägt den Namen: ‘Tag der Reinheit der Familie‘.“
Wie hat sich das Antidiskriminierungsgesetz der Regierung auf die Einstellung zu und das Bewusstsein für LGBTQ+ Menschen ausgewirkt?
„‘Mehr Sichtbarkeit‘ für queere Menschen und LGBTQ+-Themen als Sensationsfutter sind kein Zeichen dafür, dass das Land gerechter, gleichberechtigter und sicherer oder frei von homophober Aggression und Gewalt, ist. Diese Aktionen ermöglichen es der Regierung und der Polizei, sich vor der internationalen Gemeinschaft gut darzustellen. Ereignisse wie die Pride oder der 17. Mai sind nämlich perfekt, um sich für den Schutz der Meinungsfreiheit queerer Menschen loben zu lassen. Aber für den Rest des Jahres sind die Institutionen eher unfähig der queeren Bevölkerung zur Seite zu stehen. Tief verwurzelte Homophobie wird geduldet und Hassverbrechen gegen queere Menschen werden nur sporadisch geahndet.“
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Wie geht die seitdem LGBTQ+-Community mit Pride-Events um?
„Innerhalb der LGBTQ+-Community gab es sehr unterschiedliche Meinungen zu den Pride-Veranstaltungen und ihren Organisator*innen. Die WISG ist zu einer Stimme der Leute geworden, die finden, dass Georgien keine Pride braucht. Die WISG hat diese Position in einer Erklärung, sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene, zum Ausdruck gebracht.“
Gibt es etwas, was Menschen außerhalb von Georgien tun können, um eure LGBTQ+-Community zu unterstützen?
„Es ist sehr wichtig, bei allen Bemühungen der internationalen Gesellschaft den lokalen Kontext zu berücksichtigen. Nicht alles, was in anderen Demokratien funktioniert, ist für den georgischen Kontext von Bedeutung.“
Die Doku-Serie “Fundamental“ kannst du dir jetzt auf YouTube ansehen.
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