Kurz vor Weihnachten veröffentlichte ich einen sehr persönlichen Beitrag mit dem Titel „Warum es okay sein muss, niemals die große Liebe zu finden”, der davon handelte, wie ich langsam aber sicher über meine Angst, irgendwann alleine zu sterben, hinweg gekommen bin. Mit den Reaktionen, die darauf folgten, hätte ich niemals gerechnet. In den Kommentaren schütteten viele von euch ihr Herz aus und beschrieben ihre eigenen Unsicherheiten und Ängste. Auf Instagram und Twitter erhielt ich jede Menge Nachrichten, ebenso auf Facebook und mich erreichten bergeweise Emails.
Ich habe jeden einzelnen Kommentar gelesen. Von diesen zutiefst gerührt, begann ich, wie ein Schlosshund zu heulen, während ich im Schlafanzug durch meine Wohnung lief. Dann las ich alle Kommentare noch einmal. Und schließlich kam mir ein neuer Gedanke: So viele von uns fühlen sich alleine, weil wir die einzigen Singles in unserem Freundeskreis sind. Das konnte ich immer wieder aus den Kommentaren heraus lesen. Da gab es Duzende Frauen, die erklärten, dass sie sich einsam fühlten, weil all ihre Freundinnen eine Beziehung hatten oder sogar bereits verheiratet waren.
Dieses Gefühl kenne ich nur all zu gut. Ich war schon sehr oft die einzige Singlefrau unter meinen Freunden. Ich unterhielt meine Pärchenfreunde mit meinen Geschichten über Tinderdates, hatte etliche Flirts mit Barkeepern, um schneller an die nächsten Drinks für die Gruppe zu kommen und erschien immer wieder selbstbewusst ohne Begleitung zu Parties. Meistens ist das ziemlich großartig. Es gibt aber auch Momente, in denen dieser Zustand ziemlich scheiße ist: Wie etwa letztes Silvester. Ich war auf einer Party auf der sonst nur Pärchen waren und als es dann zwölf Uhr war, küssten sich alle, während ich peinlich berührt daneben stand und an meinem Champagner nippte. Das war schon ein kleiner Stich ins Herz.
Eure Kommentare haben mich zum Nachdenken gebracht: Wenn es da draußen so viel Singlefrauen gibt, mit all ihren Ängsten und ihrer Verwundbarkeit, warum betrinken wir uns eigentlich nicht alle zusammen und kotzen uns gegenseitig beieinander aus? Warum sind wir in diesem Teufelskreis gefangen und fühlen uns einsam und verlassen, weil jeder um uns herum eine Beziehung hat? Sind wir Masochistinnen, oder einfach nur verwirrt?
Ich habe über meine eigenen Erfahrungen nachgedacht. Der Freundeskreis, in dem ich mich bewege, besteht hauptsächlich aus Pärchen. Tatsächlich war ich bis vor ein paar Monaten der einzige Single in einem Meer aus Paaren. Geplant war das nicht. Ich lernte irgendwann meine Freundin kennen und die lernte dann ihren Freund kennen, mit dem ich mich auch sehr gut verstand und durch ihn lernte ich den Rest der Gruppe kennen. Und irgendwie hatten alle eine Beziehung. Sowas passiert doch jeden Tag, oder?
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Doch dann kam mir ein beunruhigender Gedanke: Ich habe mich bewusst dazu entschieden, der einzige Single unter meinen Freunden zu sein, weil es sicher ist. Wenn ich mit Paaren ausgehe, muss ich mich nicht direkt auf jeden Singlemann stürzen und die Männer anders herum auch nicht auf mich. Ich sitze umringt von Paaren, die mich beschützen. Wenn ich mit anderen Singlefrauen unterwegs bin, habe ich das Gefühl, dass wir weniger für uns sind. Es ist fast so, als würde ich eine Leuchtreklame mit mir herumtragen: „Aktuell auf der Suche nach jemandem, der mir dreimal die Woche einen Orgasmus schenkt und mit mir auf der Couch Dim Sum isst, während wir Dokumentationen über Scientology schauen. Willst du nicht rüberkommen und mir einen Wein ausgeben?”
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Ich meide andere Singlefrauen, weil sie mich an mich selbst erinnern und ich mag mich selbst nicht immer unbedingt im Hinblick darauf, dass ich Single bin
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Mein Vater hat da mal eine Theorie gelesen, an die auch ich glaube: Wir meiden Menschen, die die gleichen unschönen Eigenschaften haben wie wir selbst. Das ist, als würde man in den Spiegel schauen. Ich meide andere Singlefrauen, weil sie mich an mich selbst erinnern und ich mag mich selbst nicht immer unbedingt im Hinblick darauf, dass ich Single bin. Neben einer Freundin in einer Bar zu sitzen, die auch solo ist, ist als würde man in dem gruseligsten Spiegelkabinett aller Zeiten sitzen. Wir würden darüber sprechen, wie hoffnungslos unsere Situation ist und uns immer weiter hineinsteigern. „Ich werde alleine sterben”, würden wir heulen. „Wenn ich für diese Hochzeit kein Date finde, gehe ich nicht hin.” Elend ist gern in Gesellschaft, versteht ihr.
Wenn ich mich mit Paaren umgebe, kann ich diese negativen Gedanken einfach ignorieren. Wenn deine Pärchenfreunde dich dann für deine aufregenden Dates beneiden, fühlst du dich glatt geschmeichelt, auch wenn das Ganze in der Realität eher frustrierend ist. Wenn du dann aber feststellst, dass der Typ, mit dem du online geflirtet geflirtet hast, dir den gleichen Text geschrieben hat, wie deiner besten Freundin, bist du dennoch am Boden zerstört. (Das ist mir tatsächlich passiert)
Die grausamste Wahrheit jedoch ist, dass ich andere Frauen als Konkurrenz sehe. Ich sehe sie als Maßstab, an dem ich mich messen lassen muss. Der Typ hinter der Bar hat mir den nächsten Drink spendiert, nicht ihr. Ich gewinne. Der Bankertyp da am anderen Ende des Raumes guckt sie die ganze Zeit an, nicht mich. Was stimmt mit mir denn nicht? So zu denken ist total bescheuert, aber auf Grund all der Erwartungen, die die Gesellschaft an eine Frau hat, wurde es mir irgendwie auch antrainiert.
Das mag vielleicht auch nur meine persönlicher Erfahrung sein, aber so viele eurer Kommentare drückten das gleiche Gefühl von Einsamkeit und Angst aus, da möchte ich fast drauf wetten, dass einige von euch, die das hier lesen, ganz tief in ihrem Inneren wissen, dass sie sich genau aus demselben Grund immer wieder so einsam fühlen in ihrem Singledasein. Ich habe erkannt, dass dieses Gefühl aber nur wenig mit anderen zu tun hat, sondern vielmehr mit mir und meinen eigenen Unsicherheiten.
Von nun an werde ich versuchen, andere Singlefrauen mit anderen Augen zu betrachten. Ich werde mir Mühe geben, den Ladies in meinem Leben, die nicht in einer Beziehung stecken, die Hände zu reichen, anstatt sie von mir wegzustoßen. Ihr seid nicht meine Konkurrentinnen – ihr seid meine Unterstützung. Ihr seid ein Beispiel von Kraft und Ausdauer, nicht Verzweiflung und Einsamkeit. Ich kann mich an euch wenden, wenn ich mich mal wieder richtig beschissen fühle.
Fühlt ihr euch nicht auch schon viel besser?
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