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Warum lassen mich Freund:innen nicht einfach in Ruhe Single sein?

„Und, datest du gerade jemanden?“ Das ist normalerweise etwa die dritte Frage, die mir andere Leute so in einer Unterhaltung stellen. Gespräche zu führen, ist seit der Pandemie alles andere als ein Kinderspiel, und obwohl meine Gesprächspartner:innen zwar dazu neigen, nach einer Trennung etwas abzuwarten, bevor sie das Thema Daten ansprechen, ist es trotzdem immer in greifbarer Nähe. Nachdem man sich kurz gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht hat, kommt nämlich früher oder später für gewöhnlich die Frage „Wie geht's dir wirklich?“ in Kombination mit einem geneigten Kopf und einem schmerzverzogenen Gesicht. Dann wird auch noch mit weit geöffneten Augen nach wilden Dating-Anekdoten gefragt und darum gebeten, in deinem Namen durch Dating-Apps scrollen zu dürfen.
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Aber für Singles, die nicht aktiv auf Partner:innensuche sind, kann der Druck, anderen erklären zu müssen, warum sie mit ihrem Single-Leben zufrieden sein, ganz schön belastend sein.
Obwohl wir uns als Gesellschaft (wohl) weit genug entwickelt haben, um zu wissen, dass wir nicht zu einem unglücklichen Leben verdammt sind, wenn wir nicht vor 35 heiraten, birgt das Single-Dasein im Jahr 2022 immer noch relativ viele Tücken. Für jede Person, die annimmt, dass dein Leben voller skurriler Dating-Geschichten und feuchtfröhlicher Nächte besteht, gibt es mindestens ein Dutzend weitere, die annehmen, dass du deine Abende damit verbringst, Mikrowellengerichte zu essen und dich in den Schlaf zu weinen.
Diejenigen von uns, die aus freien Stücken Singles sind, müssen sich oft mit den Fragen ihrer Freund:innen und Familienmitgliedern auseinandersetzen – und ihrem Mitleid; vor allem, mit ihrem Mitleid. Freund:innen, die in einer Beziehung sind, wollen entweder Liebesabenteuer durch dich miterleben oder machen es sich zur Aufgabe, dich mit jeder Person zu verkuppeln, die sie kennen und die nicht vergeben ist – Kompatibilität spielt hier nur eine Nebenrolle. Was noch schlimmer ist, sind Leute, die sich davor scheuen, mit dir überhaupt über Beziehungen zu sprechen, weil sie annehmen, dass das ein wunder Punkt ist. Denn schließlich hat jede:r, der:die Single ist, Liebeskummer, stimmt's?

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass hinter der Entscheidung, Single zu sein, mehr steckt als der bloße Wunsch, für eine Zeit lang alleine zu sein.

Ich kann es ihnen aber nicht wirklich verübeln. Auch ich wollte schon mal am aufregenden Dating-Leben meiner ungebundenen Freund:innen teilhaben, obwohl ich wie jede:r andere auch in Wirklichkeit nur unrealistische Ideen aus Liebeskomödien auf sie projizierte. Schließlich ist das Liebesleben andere Menschen ja faszinierend. Es ist die Grundlage für etwa 80 Prozent der Serien und Filme, die wir konsumieren, und macht einen großen Teil des Contents auf sozialen Medien aus. Außerdem lässt sich daraus viel Kapital schlagen. Der Unterhaltungswert des Ganzen ist leicht zu erkennen: Liebe ist ein chaotischer Teil des Lebens, mit vielen Höhen und Tiefen. Für neugierige Menschen biete sie jede Menge Stoff, in den sie sich vertiefen können.
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Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass hinter der Entscheidung, Single zu sein, mehr steckt als der bloße Wunsch, für eine Zeit lang alleine zu sein. Das spiegelt sich am besten in den Fragen wider, die uns gestellt werden, nachdem wir offenbart haben, dass wir derzeit nicht in einer Beziehung sind.
Ach so, du konzentrierst dich gerade also nur auf [hier entweder „deine Arbeit?“ oder „dich selbst?“ einfügen].
Eine scheinbar harmlose Frage, die jedoch genauso frustrierend ist wie ständig gefragt zu werden, warum du nicht mit jemandem zusammen bist.
Was andere schnell mal vergessen, ist, dass das Single-Dasein schockierend unspektakulär sein kann, aber es ist auch nicht immer eine Zeit, in der wir nach Gelegenheiten suchen, um unser Leben zu verändern.
„Das erinnert mich immer an den Teil in Filmen, in dem sich die Protagonist:innen zusammenreißen und versuchen, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen“, sagt Janna, 32. „Sie machen große Fortschritte bei der Arbeit, treiben auf einmal Sport und ersetzen ‚trashige‘ durch anspruchsvolle Bücher. Dann ist eine Szene zu sehen, in der sie am Schreibtisch zu Abend essen und aus dem Fenster blicken und sehen, wie ihre Freund:innen ohne sie losziehen.“
„Die Realität sieht aber anders aus. Im echten Leben treffe ich immer noch meine Freund:innen und sehe meine Familie, bei der Arbeit läuft alles gut, aber ich arbeite auch nicht mehr als sonst, und ich tue nichts, was ich nicht auch tun würde, wenn ich in einer Beziehung wäre.“
Wenn du auch Single bist – und vielleicht sogar der:die einzige Alleinstehende in deinem Freundeskreis –, besteht der unausgesprochene Druck, anderen beweisen zu müssen, dass du dein Leben während deines Single-Daseins nicht vergeudest.
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„Ich bin Schriftstellerin. Deshalb denken alle, mein Leben sei wie Sex and the City“, sagt Sonny, 29. „Entweder erinnern mich Familienmitglieder oder alte Freund:innen auf bevormundende Weise daran, dass ich ein guter Fang bin und versichern mir, dass ich bald bestimmt jemanden finden werde, oder werde gefragt wie viele Dates ich denn diese Woche hatte. Die Antwort ist null. Sie ist immer null!“
„Ich bin zwar auf [Dating-]Apps und habe deshalb gelegentlich mal ein Date, aber ich bin im Moment nicht daran interessiert, zu viel Zeit damit zu verbringen“, sagt sie. „Wenn ich aber eine Verabredung hatte und darüber spreche, wollen andere immer, dass ich jedes noch so schlüpfrige Detail ausplaudere, obwohl es eigentlich für gewöhnlich nicht viel zu erzählen gibt. Die meisten Verabredungen laufen nämlich ziemlich unspektakulär ab – entweder habe ich Spaß oder nicht. Das Drama, das meine Freund:innen erwarten, kann ich normalerweise nicht bieten.“

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass unser Single-Dasein damit zu tun hat, dass wir uns auf einer größeren spirituellen Reise befinden, um uns selbst neu zu entdecken. Im Großen und Ganzen ist das aber nicht der Fall. Genau wie ihr, die in einer Beziehung seid, versuchen wir nur, in einer sehr verwirrenden Welt zurechtzukommen.

Wenn du aber nicht auf Dates gehst, neigen andere Menschen oft dazu, anzunehmen, dass du irgendwelche Gründe dafür haben musst oder, schlimmer noch, fragen nach einer Erklärung.
Vor kurzem äußerte sich der Sänger Lil Nas X in einem Interview über die Trennung von Yai Ariza, was seiner eigenen Aussage nach die „ernsteste Beziehung“ gewesen sei, die er je gehabt hätte. Auf die Frage, was schief gelaufen sei, erklärte er gegenüber GQ, dass der Akt des Liebens und das Leben in einer Beziehung „eine Verantwortung“ sei.
„Ich habe mir schon so lange jemanden gewünscht, den ich lieben kann. Das ist aber auch mit viel Verantwortung verbunden“, sagte er. „Du musst dieser Person deine Zeit schenken. Und ich verschwinde gerne mal für eine Woche, um mich zu konzentrieren… mit niemandem zu reden… Und ich bin mehr in das verliebt, was ich tue, als in andere Menschen.“
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„Ich habe nichts gegen ein Date hie und da, aber ich will nichts, das es erforderlich macht, für eine Person alles sofort fallen und liegen zu lassen.“
Nicht in der Lage zu sein, nach einer schmerzhaften Trennung eine neue Beziehung einzugehen, ist etwas, das viele von uns nachempfinden können. Warum aber nehmen andere meistens an, dass Singles deshalb alleine sind, weil sie sich auf ihre Karriere konzentrieren oder „an sich arbeiten“ wollen?
Obwohl die meisten von uns einen Vollzeitjob haben, werden vor allem alleinstehende Frauen oft so dargestellt, als hätten wir unserem Ehrgeiz oder unserer Karriere eine höhere Priorität beigemessen als unserem Privatleben. Sonny erzählt mir Folgendes: „Ich verbringe meine Wochenenden damit, nicht an die Arbeit zu denken. Ich gehe wandern, treffe mich mit Freund:innen und binge Fernsehsendungen. Ich klettere die Karriereleiter definitiv nicht schneller hinauf als meine vergebenen Kolleg:innen, und ich lese auch keine Selbsthilfebücher, um an mir zu arbeiten.“
„Ich verstehe nicht wirklich, warum es diese Annahme gibt, dass ich auf etwas Größeres hinarbeiten soll, als mein Leben so zu genießen, wie es ist.“
Janna teilt diese Ansicht. „Ich bin definitiv kein ‚Karriere-Mensch‘. Wenn du aber nicht jede zweite Woche ein Hinge-Date hast, nehmen andere an, dass das daran liegt, dass du viel zu tun hast, was ja auch der Fall sein kann, aber nicht unbedingt so sein muss“, sagt sie.
„Ich für meinen Teil genieße einfach mein Leben, so wie ich es auch tun würde, wenn ich in einer Beziehung wäre. Sicherlich gibt es Dinge, die ich vermisse, die dir eben nur eine Beziehung bietet. Es ist aber nicht so, dass alle, die nicht in einer Beziehung sind, dem Daten völlig abgeschworen haben. Das bedeutet auch nicht, dass wir nur zu Hause herumsitzen und beim Tagebuchschreiben Tränen vergießen. Dazu kommt es nur manchmal.“
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Wie sollten sich Leute ihren alleinstehenden Freund:innen gegenüber also am besten verhalten, anstatt sie schonungslos ins Verhör zu nehmen? Völlig normal. Es hat keinen Sinn, dem Thema aus dem Weg zu gehen, denn das ist für niemanden angenehm, aber ein wenig Selbsterkenntnis kann nie schaden. Wenn du zu diesen Menschen gehörst, solltest du dir dessen bewusst sein, dass du wahrscheinlich nicht die einzige Person bist, die sich nach den romantischen Bestrebungen deiner alleinstehenden Freund:innen erkundigt. Versuch deshalb also, sie nicht zu sehr zu drängen, vor allem, wenn sie dir bereits mitgeteilt haben, dass sie gerade nicht daten. Und obwohl du dein persönliches Beziehungsglück nicht verstecken musst, brauchst du deine Single-Freund:innen auch nicht zu allem einzuladen, was du und dein:e Partner:in miteinander unternehmt.

Ein wenig Selbsterkenntnis kann nie schaden.

Es ist an der Zeit, damit aufzuhören, anzunehmen, was die Prioritäten von Singles seien, oder zumindest zu akzeptieren, dass niemand wirklich zu erklären braucht, warum er:sie nicht in einer Beziehung ist. Wir Menschen sind mehr als nur ein Beziehungsstatus, und dieser sollte nicht zu Vermutungen darüber führen, was du im Leben wohl falsch machst oder woran du arbeiten solltest. Es ist ok, nicht hungrig nach Dates, einer Beförderung, erleuchtenden Momenten oder irgendetwas dazwischen zu sein.
Ich wünschte, ich könnte sagen, dass unser Single-Dasein damit zu tun hat, dass wir uns auf einer größeren spirituellen Reise befinden, um uns selbst neu zu entdecken. Im Großen und Ganzen ist das aber nicht der Fall. Genau wie ihr, die in einer Beziehung seid, versuchen wir nur, in einer sehr verwirrenden Welt zurechtzukommen.

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