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So schaffst du es, eine Abtreibung zu verarbeiten

Eine der schwierigsten Fragen, die ich als Beraterin bei der Abtreibungshotline Exhale beantworten muss, ist: „Wann werde ich mich besser fühlen?“
Ich habe diese Frage von Anrufer:innen zu vielen unterschiedlichen Zeitpunkten nach einer Abtreibung gehört – von Wochen oder Monaten bis zu vielen Jahren später. Diese Frage kann so viel Schmerz und Frustration bergen. Ein Teil von mir wünscht sich, ich hätte einen Zauberstab, mit dem ich diese schmerzhaften Gefühle einfach verschwinden lassen könnte. Gleichzeitig muss ich zugeben, dass einige der tiefgründigsten Gespräche, die ich mit Betroffenen am Telefon hatte, genau dann stattfanden, wenn wir mit diesen unangenehmen Emotionen zusammensaßen und ich einfach zuhörte, was sie zu sagen hatten.
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Im Folgenden beschreibe ich drei Lektionen, die ich in dieser Zeit gelernt habe, und verrate, was ich Personen, die mich um Rat fragen, sage, wenn sie diese Frage stellen.

Wie lange es dauert, eine Abtreibung zu verarbeiten, ist von Mensch zu Mensch anders.

Anruferinnen wollen oft wissen, wie diese Erfahrung für andere Betroffene gewesen ist und fragen mich: „Was ist ‚normal‘?“ Die Wahrheit ist, dass die Erfahrungen so unterschiedlich sind, dass es unmöglich ist, diese Frage allgemein zu beantworten. Manche sind zufrieden mit ihrer Entscheidung. Manche fühlen sich in dem Moment bevollmächtigt und glücklich, werden dann aber später von Verlustgefühlen überrascht und bereuen ihren Beschluss – zumindest in gewisser Weise. Einige Anrufer:innen erwähnten, dass die Organisation rund um die Abtreibung und die Prozedur selbst zumindest kurzfristig wenig Raum für Emotionen ließen. Es kann auch dazu kommen, dass schmerzhafte Gefühle an bestimmten Feiertagen, Jahrestagen oder wichtigen Daten, wie z.B. dem Geburtstermin, zum Vorschein kommen. Manchmal kommt es zu emotionalen Reaktionen auf ein scheinbar unwichtiges Ereignis, wie z.B. eine Windelwerbung.

Wenn du schmerzhafte Gefühle nicht zulässt, kannst du sie nicht hinter dich bringen.

Das ist eine Lektion, die ich selbst immer wieder lernen musste. Es kann so schwer sein, uns selbst den Raum und die Erlaubnis zu geben, Dinge wie Trauer, Scham oder Bedauern wirklich zu fühlen. Eine häufige Angst, die Betroffene mit mir geteilt haben, ist: „Ich befürchte, dass ich nie wieder aufhören werde zu weinen, sobald ich einmal meine Gefühle hochkommen lasse.“ Diese Befürchtung ist angesichts der Intensität der Emotionen, die diese Frauen nach einer Abtreibung empfinden können, durchaus nachvollziehbar. Ich teile den Anrufer:innen, die das Thema ansprechen, auch mit, dass das meiner Erfahrung nach eindeutig nicht der Fall ist. Ich habe mit vielen Menschen zusammengesessen, die sich erlaubten zu weinen. Oft haben sie sich innerhalb von Minuten – nicht Stunden oder Tagen – ausgeweint.
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Wenn du diese schmerzhaften Gefühle zulässt, ist es eigentlich sehr unwahrscheinlich, dass du dich danach überwältigt oder unfähig fühlen wirst, zu funktionieren. Es kann helfen, darüber nachzudenken, wie du dich fühlst, wenn du dich von jemand anderem wirklich „gehört“ fühlst. Wie wäre es, dir selbst die gleiche Erfahrung zu gönnen?

Deine Erfahrung anzuerkennen, kann dabei helfen, schwierige Emotionen loslassen zu können.

Ich liebe es, mit Anrufer:innen darüber zu sprechen, wie sie ihre Erfahrungen auf symbolische Weise anerkennen und ehren können. Zu einem gewissen Grad bezieht sich dieser Ratschlag auf den vorherigen Punkt, denn ein individuell abgestimmtes Ritual kann dabei helfen, schwierige Gefühle zu verarbeiten. Die Möglichkeiten, mithilfe einer solchen Methode mit einer Abtreibung zurechtzukommen, sind vielfältig. Ich genieße es, mit Betroffenen zu brainstormen und zu besprechen, welcher Bewältigungsmechanismus sich für sie eignen könnte.
Es kann frustrierend sein, nicht zu wissen, wie lange schwierige Gefühle anhalten werden, und wahrscheinlich noch frustrierender, zu erfahren, dass es keine einfache Antwort auf diese Frage gibt. Eines weiß ich jedoch mit Sicherheit: Auch wenn der Heilungsprozess kein endgültiges Ende hat, so verändert sich der Schmerz doch mit der Zeit. Manchmal bleibt uns nichts anderes übrig, als innezuhalten, wenn schwierige Gefühle anhalten, ihnen zuzuhören, sie anzuerkennen und zuzulassen und darauf zu vertrauen, dass das ausreicht.

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