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4 autistische Frauen erzählen, was du über Autismus wissen solltest

Frauen in der autistischen Community haben beinahe immer und überall mit diversen Stereotypen zu kämpfen – zum Beispiel mit den Irrglauben, sie könnten „geheilt“ werden, sie seien „einfach nur schüchtern“, oder sie hätten „kein Interesse am Dating“. Die Liste dieser Stereotypen ist schier endlos, und es sind genau solche Stigmata und Fehlinformationen, die dazu führen, dass viele betroffene Frauen erst spät eine Autismus-Diagnose bekommen… wenn überhaupt.
Konkrete Zahlen dazu, wie viele Menschen in Deutschland von Autismus betroffen sind, gibt es bisher nicht, doch gehen internationale Schätzungen von 0,6 bis 1 Prozent der weltweiten Bevölkerung aus. Obwohl Männer und Jungen rund viermal so häufig mit Autismus diagnostiziert werden wie Frauen und Mädchen, heißt das nicht automatisch, dass Frauen und Mädchen seltener davon betroffen sind; systemische Vorurteile und ein Mangel an Forschung und Verständnis sorgen dafür, dass autistische Frauen sehr häufig falsch oder gar nicht diagnostiziert werden.
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Um mit diesen Vorurteilen und den geläufigen Stereotypen aufzuräumen, haben wir uns mit vier autistischen Frauen darüber unterhalten, was ihres Erachtens mehr Menschen über Autismus wissen sollten.
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Hannah English, Wissenschaftlerin und Autorin

„Autistische Menschen empfinden Mitgefühl! Wir fühlen eine ganze Bandbreite an Empathie – nicht weniger oder nicht mehr als Menschen ohne Autismus. Der Stereotyp, dass wir quasi gefühlskalt seien, ist aus verschiedenen Gründen total schädlich. Zuerst: Viele autistische Menschen bekommen womöglich keine Diagnose oder Unterstützung, weil viele von uns enorm empathisch sind und deswegen selbst glauben, sie könnten ja gar nicht autistisch sein. Mir selbst ging das auch so. Zweitens: Fehlendes Mitgefühl ist auch eine typische Eigenschaft stereotypischer Psychopath:innen – von den klassischen ‚Bösen‘ in Hollywoodfilmen, zum Beispiel. Das sorgt dafür, dass autistische Menschen weiter stigmatisiert werden.
„Ich glaube, diesen Mythos haben wir der Tatsache zu verdanken, dass wir anders kommunizieren und meist sehr lösungsorientiert sind – ich versuche also vielleicht eher, dir dabei zu helfen, dein Problem zu lösen, obwohl du eigentlich bloß eine Umarmung von mir haben wolltest. Aber ich kann natürlich nur für mich selbst sprechen. Fakt ist nämlich: Wenn du eineautistische Person kennst, kennst du eben nur eine autistische Person.“
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Rachel Worsley, Gründerin und CEO von Neurodiversity Media

„Ich wünschte, mehr Leute wüssten, wie sich Autismus auf Frauen auswirkt, verglichen mit Männern. Fast 80 Prozent von uns bekommen erstmal Fehldiagnosen – wie Essstörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen, oder Angststörungen. Außerdem gelten unsere Interessen im Vergleich zu autistischen Jungen [und Männern] oft eher als ‚akzeptabel‘, wie Tiere, Bücher und Musik, anstelle von Zügen oder Videospielen. Wir haben auch häufiger Begleiterscheinungen wie ADHS. Anstatt uns also basierend auf Filmen wie Rain Man irgendwelche Stereotypen aufzudrücken, solltet ihr euch die Zeit nehmen, euch unsere gelebte Erfahrung wirklich mal anzuhören. Lernt von prominenten autistischen Frauen – wie Grace Tame und Hannah Gadsby –, die als autistische Frauen beruflich durchgestartet sind.“
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Britt Fenton, Designerin, Fotografin und Illustratorin

„Funktionstüchtigkeits-Angaben verstärken nicht bloß die Stigmatisierung von Autismus, sondern richten in unseren Leben auch noch enormen Schaden an. Weil Autismus ein Neurotyp ist – eine Bewusstseinsform –, aber keine Krankheit, lässt sich bei uns nicht einfach alles in diese oder jene Schublade einordnen, wie es neurotypische Menschen so gern machen. ‚Asperger‘, ‚hochfunktional‘ – solche Begriffe sind die Versuche neurotypischer Menschen, unsere diversen Symptome einer bestimmten Kategorie zuzuordnen und unseren Autismus so zu definieren. Dabei sind das ableistische Begriffe, die angeben, wie ‚normal wir wirken‘, und wie gut wir ‚in eine Gesellschaft passen‘, die nicht für uns geschaffen wurde.
„Wie auch bei anderen Menschen mit ihren ‚guten‘ und ‚schlechten‘ Tagen schwankt meine ‚Funktionstüchtigkeit‘ von Tag zu Tag. Manchmal kann ich meine autistischen Züge (Stimming, Echolalie, und so weiter) gut verbergen, in einem Café sitzen und mir ein Getränk bestellen. An anderen Tagen verschwindet dann aber meine Sprachfähigkeit (das nennt sich dann nonverbal), und alleine die Vorstellung, auch nur in der Nähe eines lauten Cafés zu sein, löst bei mir dann einen unkontrollierbaren Zusammenbruch mit Schreien und Tränen aus. Was viele neurotypische Menschen außerdem nicht wissen, ist, dass ich nach beiden Beispielen vermutlich erstmal zwei Tage Erholung bräuchte, während derer ich mich nur in meinen sicheren, stillen Raum zurückziehe. Also: Nein, ich bin nicht ‚hochfunktional‘ oder dergleichen – sondern einfach autistisch.“
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Alice Glascott, Tätowiererin in Ausbildung und Illustratorin

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„Ich wünschte, die Leute würden verstehen, dass Autismus nichts ist, was ‚geändert‘ werden sollte – sondern etwas, wofür wir Raum schaffen sollten. Nach jahrelangen Fehlinformationen und Falschdarstellungen ist es so wichtig, dass wir das endlich begreifen. Ich wünschte, von autistischen Menschen würde nicht dauernd erwartet, all das zu verstecken, was uns Schwierigkeiten macht oder anders wirken lässt. Ich wünschte, Informationen und Wissen rund um Autismus wären weiter verbreitet, damit wir endlich Veränderungen fordern könnten, anstatt immer nur das Gefühl zu haben, uns verändern zu müssen.“
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