Jeder, der schon einmal das Ende einer Beziehung erlebt hat, kennt den Horror der „guten Ratschläge“. Arbeitskolleginnen und -kollegen, Freunde, Familie: Jeder glaubt, etwas sagen zu müssen zum Ende deiner Beziehung. Aber keine Sorge, Rettung naht: Warum die drei größten Liebeskummer-Plattitüden großer Quatsch sind und wie du wirklich helfen kannst, statt nur große Worte zu spucken.
Eines Tages wachst du vergeben auf, gehst aber abends als Single ins Bett. Dazwischen eine Trennung, deren Folgen dich früher oder später einholen und in ein Nervenbündel verwandeln. Neben dem eigentlichen Trennungsschmerz kommt aber noch erschwerend hinzu, dass man mit den Reaktionen seiner Umwelt zurechtkommen muss. Nachdem du nämlich die bittere Wahrheit „Wir haben Schluss gemacht!“ ausgesprochen hast, scheinen viele Menschen das als Bitte misszuverstehen, all ihre Ratschläge und Meinungen zum Thema Liebeskummer auszupacken. Neben nett gemeinten Floskeln wie „Melde dich bei mir, wenn du was brauchst!“ oder dem Salz-in-die-Wunde-Klassiker „Ihr saht doch immer so glücklich aus!“, kommt vielen – zugegeben wohlmeinenden – Mitmenschen auch schlichtweg viel Bullshit über die Lippen, wenn es um das Ende einer Beziehung geht.
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„Ich weiß genau, wie du dich fühlst“
Liebeskummer-Plattitüde Nummer Eins soll etwa zeigen, dass man mitfühlt mit dem Neu-Single: „Ich weiß genau, wie du dich fühlst“. Es gibt zwei Arten von Menschen, die so etwas sagen. Zum einen jene, die sich selbst in den Mittelpunkt stellen wollen. Sie nützen die Plattitüde als Gesprächseinstieg um über ihren letzten großen Liebeskummer zu erzählen, über ihre oder ihren Ex herzuziehen oder „die Männer/die Frauen“ zu beschimpfen. Anstatt sich mit dir und deinen Problemen zu beschäftigen, will diese Person einfach nur ihre eigenen Probleme noch einmal hochkochen lassen. Da nur Gulasch aufgewärmt gut schmeckt: Danke für nichts, Arschloch.
Neben diesen Egozentrikern gibt es aber zum anderen noch jene Mitmenschen, die dir klar machen wollen, dass du nicht allein bist mit deinem Schmerz. Dass andere genauso gefühlt haben und dass es denen jetzt auch besser geht. Blöd nur, dass dir das am Allerwertesten vorbeigeht, wenn dein Innerstes abwechselnd heiß vor Wut, schwer vor Trauer oder schlichtweg leer wird. Denn sogar, wenn die ganze Welt um dich verlassen worden wäre, du trauerst um deine eigene, ganz spezielle Beziehung. Und niemand, wirklich niemand, weiß, wie du dich gerade fühlst. Manchmal ja nicht einmal du selbst.
„Morgen sieht die Welt schon wieder besser aus!“
Liebeskummer Plattitüde Nummer Zwei kommt aus derselben Hölle, aus der schon die Teletubbies, Smiley-Buttons und Positives-Denken-Seminare gekrochen sind: „Morgen sieht die Welt schon wieder besser aus!“ Wenn du eine Optimistin vor dem Herrn bist, die sogar auf den Cappuccino immer Smileys aus Kakao zeichnet, ist das echt cool. Aber bitte, bitte halt deine positiven Sprüche aus dem Diddl-Kalender weit weg von Menschen, die Probleme haben, die tiefergehend sind als der Thermobecher, aus dem du morgens immer dein Gute-Laune-Heißgetränk trinkst.
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Warum der Tipp Bullshit ist? Wenn gestern die Welt noch in Ordnung war und dir heute dein gesamtes Leben um die Ohren fliegt: Sieht die Welt dann heute wirklich besser aus? Und sogar wenn du gerade knietief in Taschentüchern watest, dein Mascara im verheulten Panda-Look trägst und du einfach nur todtraurig bist: Niemand kann dir versprechen, dass es morgen besser ist. Es kann sein, dass du in diesem miesen Zustand die nächsten Tage oder sogar Wochen verbringen wirst. Schlimmer noch, es kann sein, dass du dich fängst, glaubst, dich wieder im Griff zu haben, nur um dann in der U-Bahn deinem Ex-Partner zu begegnen, „euer Lied“ im Supermarkt zu hören oder – mein persönlicher Favorit – träumst, ihr hättet nie Schluss gemacht. Dann ist der nächste Tag nämlich nicht besser, sondern schlimmer als die vorherigen.
„Du hast was Besseres verdient!“
Der letzte der drei beschissensten Ratschläge bei Liebeskummer ist „Du hast was Besseres verdient!“ Da stellt sich doch unweigerlich die Frage: Besser als was? Die Sache ist nämlich die: Du kommst gerade aus einer Beziehung und egal wie lange sie gedauert haben mag, zu irgendeinem Zeitpunkt hat dein Herz einen Sprung gemacht, wenn dieser eine Name auf deinem Handydisplay erschienen ist. Irgendwann bist du geschmolzen, wenn dieser eine Mensch dich mit diesem einen Blick angesehen hat.
Aber am Allerwichtigsten: Zu irgendeinem Zeitpunkt hat dieser andere Mensch deine Unvollkommenheit akzeptiert und dich gern gehabt, ja vielleicht sogar geliebt, obwohl du weit entfernt davon bist, perfekt zu sein. Du redest morgens stundenlang nicht oder bist ein nervtötender Morgenmensch. Du schläfst abends vorm Fernseher ein oder findest erst Schlaf, wenn du vorher drei Hörbücher gehört hast. Du kommst immer zu spät oder bist ungeduldiger als ein Kind im Süßigkeitenladen. In jedem Fall hast du Ecken und Kanten, die andere schon verschreckt hätten, aber dieser eine Mensch hatte dich trotzdem gern und hielt dich vor dem Einschlafen im Arm. Und jetzt ist es vorbei. Ganz egal, warum Schluss ist, du stellst dir irgendwann die Frage: Ist da draußen noch jemand, der genauso gut zu mir passt? Wird mich jemals jemand wieder so lieben?
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Wenn es dir hilft, kannst du gerne jedem, der dir mit einem dieser drei Ratschläge kommt, ins Gesicht brüllen, dass das alles Lügen sind. Oder du kannst akzeptieren, dass Menschen dir helfen wollen, aber hilflos sind. Weil zwar jeder Ratschläge gegen Liebeskummer kennt, aber im Endeffekt auch jeder im tiefsten Inneren weiß, dass man nichts dagegen machen kann. Kein kluger Spruch, kein Besäufnis, kein One-Night-Stand, ja nicht mal alles Vanilleeis der Welt hilft, wenn dein Herz angeknackst oder gar gebrochen ist. Getreu des Mottos „Rise and repeat“ kannst du nur immer und immer wieder aufstehen. Ist es zuerst ein kleiner Gewinn, wenn du deine Wohnung verlässt, freust du dich irgendwann, dass sein Name nicht mehr dein meistgesuchter Begriff auf Facebook ist.
Heißt das nun, dass man gar nichts machen kann, wenn die beste Freundin oder der Bürokollege Liebeskummer hat? Wenn du wirklich helfen willst, dann frag', was die Person braucht. Das ist ein besseres Hilfsangebot als „Sag Bescheid, wenn ich etwas für dich tun kann!“ Denn seien wir mal ehrlich: Wer gibt schon gerne zu, dass er Hilfe braucht? Legt man in seinem Hilfsangebot den Fokus aber auf das Gegenüber statt auf sich selbst, ist die Hemmschwelle niedriger, zuzugeben, dass man sich Unterstützung wünscht.
Außerdem bringt uns die Frage automatisch dazu, darüber nachzudenken, was konkret in diesem Augenblick fehlt. Das kann deinen Freunden helfen, die negative Gedankenspirale zu durchbrechen und zu erkennen, dass sie einen Spaziergang, eine Tasse Kaffee oder einfach nur eine Umarmung brauchen. Überraschenderweise sagen die wenigsten, dass sie sich kluge Ratschläge wünschen. Vielleicht, weil an der uralten Binsenweisheit etwas dran ist: Taten, egal wie klein sie erscheinen mögen, wiegen schwerer als Worte, egal wie gut gemeint letztere sind.
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