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Meine Ehe scheiterte nach 4 Monaten & deshalb bin ich froh darüber

Foto: Megan Madden
Ob Kronjuwelen-, Marmor- oder Rosenhochzeit: Viele sehen die Dauer einer Ehe als Indikator dafür, ob sie glücklich – oder sagen wir mal „erfolgreich“ – war oder nicht. Kim Kardashians 72-tägige Ehe mit Kris Humphries und Britneys 55-Stunden-Ehe mit Jason Alexander scheinen also nicht gerade das Gelbe vom Ei gewesen zu sein... Doch auch, wenn eine kurze Ehe sicher nicht erstrebenswert ist, heißt das nicht, dass sie dir wertvolle Lebenszeit geklaut hat. Geld und Nerven vielleicht, aber keine Lebenszeit. Versuch die Tage, Monate oder Jahre nicht als vergeudet zu sehen, sondern als Chance. Schließlich hast du während der Ehe sicher das eine oder andere über dich gelernt und darüber, was du von deiner Partnerin oder deinem Partner erwartest. Wie jede gescheiterte Beziehung kann auch eine in die Brüche gegangene Ehe dazu beitragen, dass deine zukünftigen Beziehungen erfüllter und glücklicher werden.
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Jean*, 37, ist Kommunikationsmanagerin aus Sheffield. Ihre erste Ehe dauerte weniger als vier Monate. Heute ist sie wieder verheiratet – und zwar glücklich und schon seit fünf Jahren. Nachfolgend erzählt sie, was beim ersten Versuch schief gelaufen ist und was sie daraus gelernt hat.

Heute denke ich, ich hätte schon viel früher merken müssen, dass etwas nicht stimmte – aber damals habe ich die vielen Warnsignale einfach nicht gesehen.

Marcus und ich haben uns im Studium kennengelernt. Ich war im dritten Studienjahr, er im ersten. Ich nahm ihn direkt in meinen Freundeskreis auf, weil er damals noch nicht so viele Leute kannte. Als wir fünf Jahre zusammen waren, machte er mir einen Antrag – beim Dinner in einem schicken Hotel, zu dem er all unsere Freund*innen eingeladen hatte. Er überraschte mich damit total, obwohl wir schon öfter übers Heiraten geredet hatten. Wir waren zwei Jahre lang verlobt und heirateten im Juni 2010 in London. Ich hatte jeden Cent gespart, um unsere Hochzeit finanzieren zu können und eine Woche nach der Eheschließung schmissen wir eine riesengroße Party. Heute denke ich, ich hätte schon viel früher merken müssen, dass etwas nicht stimmte – aber damals habe ich die vielen Warnsignale einfach nicht gesehen.
Am Valentinstag vor unserer Hochzeit erzählte er mir im Bett, er hätte Gefühle für eine Kollegin entwickelt. Es ist mir immer noch peinlich zuzugeben, wie ich darauf reagiert habe: Ich versuchte verzweifelt die Situation zu retten. Ich war einfach nicht selbstbewusst genug, für mich einzustehen. Er druckste herum und relativierte die ganze Sache ein wenig, indem er sagte, er wäre vielleicht nur nervös wegen der Hochzeit. Stunden später schliefen wir ein und ich dachte, er war möglicherweise wirklich nur verwirrt oder aufgeregt gewesen.
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Ein paar Wochen später gab ich ihm die Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen. Unsere Einladungen waren angekommen und ich fragte ihn, ob wir sie rausschicken sollten. Er sagte ja. Ich glaube, ich versuchte mich selbst davon zu überzeugen, ich hätte unsere Beziehung gerade noch mal gerettet.
Am Tag der Hochzeit war ich euphorisch. Ich lies mich von der Begeisterung meiner Freund*innen anstecken und wann immer ich bemerkte, dass Marcus nicht aufgeregt war, redete ich mir ein, es würde schon alles gutgehen.

Ich wusste damals noch nicht, was Gaslighting ist, aber das war genau das, was passierte.

Nach der Hochzeit verschlimmerte sich unsere Situation jedoch sehr schnell, eine Honeymoon-Phase hatten wir nie. Es passierte alles innerhalb weniger Wochen. Er wurde richtig gemein. Er wusste, dass ich unter Angststörungen litt und spielte mit meinen Unsicherheiten. Er verließ zum Beispiel zum Telefonieren die Wohnung oder verbrachte die ganze Nacht damit, sich mit irgendjemandem Nachrichten zu schreiben. Wenn ich ihn darauf ansprach, wurde er wütend. Er begann, mehr zu trinken, drei Abende pro Woche mit Kolleg*innen (inklusive der Frau, von der er mir erzählt hatte) auszugehen und immer später nach Hause zu kommen. Je trauriger ich wurde, desto schlimmer wurde es. Nur wenn wir mit Freunden unterwegs waren, war er auf einmal liebevoll und zeigte Interesse an mir. Ich wusste damals noch nicht, was Gaslighting ist, aber das war genau das, was passierte. Und es war unglaublich effektiv.
Nach etwas mehr als drei Monaten Ehe sprachen wir darüber, aus London wegzuziehen. Marcus wurde ein Job in der Gegend angeboten, in die ich ziehen wollte. Ich dachte, das wäre die perfekte Gelegenheit, unsere Ehe zu retten. Und tatsächlich schien es für uns wieder bergauf zu gehen. Doch eines Tages schrieb er mir eine Nachricht, in der er sagte, er wäre sich nicht ganz sicher, ob er wirklich aus der Stadt ziehen will. Wir verabredeten uns zum Essen und Reden. Beim Einkaufen im Supermarkt war er schon total gereizt und defensiv. Ich fragte, warum er seine Meinung geändert hatte, aber er wollte nicht darüber sprechen. Zu Hause verbrachten wir dann die ganze Nacht damit, zu streiten. Es waren schreckliche Stunden, in denen wir über alles diskutierten. Irgendwann sagte er sogar, er hätte mich nur geheiratet, weil er das Gefühl gehabt hätte, unsere Freund*innen hätten das von ihm erwartet. Weil es Gruppenzwang war. Aber das war nicht wahr: Unsere Freunde und Freundinnen liebten uns – verheiratet oder nicht. Ich muss irgendwann eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen stritten wir schon wieder beziehungsweise immer noch. Er sagte, er müsste gehen, er brauche Abstand. Ich habe bis heute keine Ahnung, wohin er gegangen ist, aber ich spürte in diesem Moment, dass es der Anfang vom Ende war. Ich lag richtig, aber es dauerte sehr lange, bis es wirklich vorbei war. Er sagte, er brauche Zeit zum Nachdenken über sich selbst und ich müsste einfach abwarten, bis er alles aufgearbeitet hat. Er wollte eine Therapie machen, also bezahlte ich für eine. Nach jeder Sitzung erzählte er mir, dass sein Therapeut der Meinung wäre, unsere Ehe sei am Ende.
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Wir lebten unser bizarres Leben noch für eine Weile. Wir trafen uns mit Freund*innen und versuchten verzweifelt, so zu tun als würden wir das schon alles hinkriegen. Er wurde immer grausamer mir gegenüber – er kritisierte mein Gewicht, erzählte mir, ich wäre unattraktiv geworden. Zwischendurch war er ab und zu liebevoll, damit ich mit ihm schlief. Aber sobald er bekommen hatte, was er wollte, fing er wieder an, an mir herumzukritisieren. Ich ertrug es. Ich hatte Angst davor, allein zu sein und schämte mich dafür, nicht stark genug zu sein, es zu beenden. Es war mir auch so unglaublich peinlich, dass meine Freund*innen und meine Familie vor weniger als einem halben Jahr bei unserer Hochzeit gewesen waren und jetzt lag unsere Ehe in Trümmern. Er war zu feige, den letzten Schritt zu machen und einfach zu gehen. Er wollte, dass ich das übernehme. Irgendwann war meine Wut dann endlich größer als meine Angst. Während eines heftigen Streits schrie er mich an und warf ein Glas auf mich. Es flog nur knapp an meinem Kopf vorbei und zerbrach an der Wand hinter mir. An diesem Morgen warf ich ihn aus unserer Wohnung.
Meinen zweiten Ehemann habe ich nur ein paar Monate später getroffen. Eine Freundin hatte vorgeschlagen, ich solle darüber nachdenken, neue Leute zu treffen. Damit meinte sie natürlich Dating. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt schon so weit war, dachte aber gleichzeitig, es könnte nicht schaden, zumindest mal wieder unter Leute zu kommen und Spaß daran zu haben, ich zu sein. Dom war die erste Person, mit der ich hin und her schrieb. Zwei Wochen später trafen wir uns. Das ist jetzt fast acht Jahre her. Alle dachten, ich wäre verrückt. Meine Eltern und meine Freund*innen machten sich – verständlicherweise – Sorgen um mich. Ich war gerade mal drei Monate single gewesen und schon wieder in einer neuen Beziehung, die sich sehr schnell entwickelte. Ich erklärte ihnen, ich hätte die schlimmsten Tiefpunkte einer Ehe schon er- und überlebt, ich wollte mich nicht mehr vor der Welt verstecken. Ich wollte mir die Chance auf eine glückliche Beziehung nicht entgehen lassen, nur weil ich Angst vor neuen Tiefpunkten hatte – sonst würde ich auch die schönen Augenblicke verpassen.
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Dom und ich waren neun Monate zusammen, als ich herausfand, dass ich schwanger bin. Zwar unterstützten uns alle, obwohl sie offensichtlich dachten, der Zeitpunkt wäre alles andere als ideal. Als ich im sechsten Monat schwanger war und meine Koffer nach einem Wochenendtrip in unserem Wohnzimmer auspackte, drehte ich mich um und sah, dass er auf die Knie gegangen war. Es war das komplette Gegenteil vom ersten Antrag, der mir gemacht wurde. Es war ehrlich, intim, ein Moment nur für uns. Wir heirateten, als unser Sohn ein Jahr alt war. So fühlte es sich also an, wenn dich dein Verlobter wirklich heiraten will und deswegen aufgeregt und glücklich ist. Wir heirateten kurz vor Weihnachten – drei Jahre, nachdem meine erste Ehe zu Ende gegangen war. Zwei Jahre später zogen wir von London nach Sheffield und bekamen 2016 eine Tochter.
Meine erste Ehe sah von außen perfekt aus, aber damals war mir nicht bewusst, dass ich mit jemanden zusammenlebte, der mich nicht respektierte oder wertschätzte. Und genau das liebe ich an Dom: Er befähigt mich dazu, mutiger und selbstbewusster zu sein. Ob bei ernsten Themen wie meiner Karriere (die ich wegen meiner ersten Ehe vernachlässigt hatte) oder bei trivialeren Sachen wie Tattoos, Piercings und meinen Haaren: Er ermutigt mich, Dinge auszuprobieren, die ich schon immer machen wollte, mich aber nie getraut habe.

Meine gescheiterte Ehe hat mich nicht zu einer Versagerin gemacht.

Was meine erste Ehe angeht: Ich wünsche mir nicht, ich hätte nie geheiratet, denn ich habe durch sie viel über mich und meinen Selbstwert gelernt. Mein Leben definierte sich damals ausschließlich über die Beziehung zu einer anderen Person. Ich wurde kleingemacht und konnte meine wahre Persönlichkeit nicht ausleben. Aber was ich wirklich traurig finde, ist, dass mein Freundeskreis auseinandergebrochen ist. Meine Freund*innen haben mich immer unterstützt, aber ich konnte einfach nicht mehr dasselbe Leben mit denselben Leuten leben, nachdem Marcus gegangen war. Ich fühlte mich komplett fehl am Platz, wie das fünfte Rad am Wagen.
Meine gescheiterte Ehe hat mich nicht zu einer Versagerin gemacht. Wenn überhaupt, dann hat sie mich eher stärker und lebensfroher gemacht. Dom und ich arbeiten hart an unserer Beziehung und daran, gute Eltern zu sein. Aber jetzt weiß ich auch, dass ich an mir selbst arbeiten muss – an mir als Teil eines Ehepaars und als Individuum.
*Namen wurden auf Wunsch geändert
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