In Deutschland ist Eizellenspende gesetzlich verboten, in vielen anderen EU-Staaten jedoch erlaubt. Dazu gehört zum Beispiel auch Großbritannien, wo die Zahl der Frauen, die mittels Eizellenspende ein Kind geboren haben, sich laut der Human Fertilisation and Embryology Authority, (Deutsch: Behörde für menschliche Befruchtung und Embryologie) von 2006 bis 2016 um 10,5 Prozent erhöht hat.
Zwar haben die Eizellenspenderinnen dort weder Rechte noch Verpflichtungen dem Kind, das durch ihre Spende geboren wurde, gegenüber, trotzdem ist eine anonyme Eizellenspende nicht möglich. Mit achtzehn haben die so auf die Welt gekommenen Kinder dann die Möglichkeit, den Namen ihrer biologischen Mutter zu erfahren. Es steht ihnen dann außerdem frei, diese zu kontaktieren. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Paare, deren Nachwuchs durch Eizellenspende auf die Welt gekommen ist, die Spenderin von Beginn an in das Leben ihrer Kinder zu involvieren.
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Emily* ist 33 Jahre alt und hat schon zwei Mal Eizellen gespendet. Das erste Mal einem Paar, das sie noch nie getroffen hat und von dem sie nur weiß, dass dieses nun dank ihrer Spende Eltern von Zwillingsbrüdern sind. Das zweite Mal ist fast drei Jahre her. Auch damals wurden es wieder Zwillinge, diesmal ein Junge und ein Mädchen. Die Eltern sind ein homosexuelles Paar. Das Besondere hierbei: Die eine Hälfte des Paares ist ihr bester Freund, den sie bereits seit 20 Jahren kennt. Emily sieht die beiden Zweijährigen aufwachsen und ist fest in ihrem Leben verankert. Für sie ist sie einfach ihre Tante. Diese ungewöhnliche Situation hat schon zu einigen emotionalen Momenten und moralischen Dilemmata geführt. Alle Beteiligten sind sich darüber bewusst, dass sich zukünftig jede Menge Fragen auftun werden.
Emily erzählte Refinery29, wie es ist, die biologische Mutter von zwei Kindern zu sein, zu denen sie zwar eine enge Bindung hat, die jedoch nicht wissen, dass sie einzig und allein deshalb auf der Welt sind, weil Emily sich vor einigen Jahren dazu entschlossen hat, ihre Eizelle zu spenden.
„Ich bin mit 26 Jahren dazu gekommen, Eizellenspenderin zu werden und habe auf der Kinderwunschwebsite auch immer noch ein Profil. Mein bester Freund und ich kennen uns schon seit 20 Jahren. Kurz nach meinem 30. Geburtstag habe ich ihm und seinem langjährigen Partner eine Eizelle gespendet. Die beiden wollten schon immer ein Baby haben. Ich selbst habe noch keine Kinder, war aber wirklich froh, ihnen bei ihrem Kinderwunsch helfen zu können. Ich meine, ansonsten passierte ja eh nichts mit meinen Eiern und sie verschwanden Monat für Monat in der Toilette, deswegen war es für mich kein Problem, ihnen eins zu geben. Ich habe einfach guten Freunden ausgeholfen, das ist alles.
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Mittlerweile sind die Zwillinge fast drei und wir wohnen alle nah beieinander. Sie nennen mich Tante Emily und ich sehe sie aufwachsen. Wir treffen uns alle paar Wochen, so wie andere Leute die Kinder ihrer Freunde auch regelmäßig besuchen oder etwas mit der Familie unternehmen. Ich sehe sie nicht als meine Kinder an und das habe ich auch noch nie. Dabei sieht gerade die Kleine fast genauso aus wie ich als Kind, was vor allem für meine Mutter richtig komisch ist. Aber die Persönlichkeiten beider Zwillinge unterscheiden sich von meiner. Da sie ja bei ihren Vätern aufwachsen, kommt deren Charakter in den Geschwistern viel stärker zum Vorschein als meine. Trotzdem ist die Situation einfach seltsam und gibt mir ein komisches Gefühl.
Mein bester Freund und sein Partner haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich hatte schon früher den Vorschlag gemacht, ihnen eine Eizelle zu spenden, damit sie Eltern werden können. Es verging viel Zeit, bis sie mein Angebot annahmen. Sie hatten einfach Angst, dass das Ganze zu schwierig würde. Oft fragten sie mich, ob ich auch wirklich sicher sei, dass ich das machen möchte und wir redeten ganz offen darüber, dass diese Entscheidung schwerwiegende Folgen für unsere Freundschaft haben könnte. Schlussendlich willigten sie ein und entschlossen, von Anfang an offen damit umzugehen, wer die Eizelle gespendet hatte. Bei zwei Männern drängt sich die Frage der Mutterschaft eh auf und sie wollten mich weiter in ihrem Leben haben.
Wir haben uns noch nicht entschieden, ob die Kinder mich oder aber die Leihmutter, die die Kinder ausgetragen hat und mit der die Eltern auch immer noch in Kontakt stehen, als ihre biologische Mutter ansehen sollen. Wenn die Zwillinge erstmal älter sind, werden wir ihnen detaillierter erzählen, wie sie überhaupt zustande gekommen sind. Allerdings habe ich ehrlicherweise jetzt schon Angst davor, wie sich meine Beziehung zu den Zwillingen ändern könnte, wenn sie herausfinden, welche Rolle ich in der ganzen Sache gespielt habe.
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Ich befürchte nicht etwa, dass sie sich dann von mir abwenden. Viel mehr habe ich Bedenken, dass sie dann mehr von mir wollen, als ich ihnen geben kann oder möchte. Das hört sich für viele womöglich grausam an, aber ich will einfach nicht Mutter sein, nicht ihre und nicht die irgendjemandes. Das ist nie mein Plan gewesen. Klar werden sie irgendwann erfahren, dass ich ihre biologische Mutter bin und damit habe ich auch kein Problem. Aber gerade möchte ich das noch nicht.
Ob ich selber Kinder haben möchte, kann ich noch nicht sagen. Aktuell bin ich single. Alleinerziehend sein kann ich mir nicht vorstellen und bisher habe ich einfach noch nicht die richtige Person gefunden, mit der ich mir eine Familie vorstellen könnte. Sollte das irgendwann mal passieren, fände ich es aber toll, eine Mama zu sein. Aber ich bin jetzt nicht verzweifelt auf der Suche oder höre meine Uhr ticken. Falls ich aber Kinder bekommen sollte, würde ich mir wünschen, dass sie eine Verbindung zu den Zwillingen aufbauen. Ich fände es schön, sie gemeinsam aufwachsen zu sehen, selbst wenn ich echt nicht weiß, wie ich ihnen erzählen soll, dass sie Halbgeschwister sind. Die Zukunft steht gerade also noch komplett in den Sternen. Neben den Zwillingen habe ich gerade aber auch schon jede Menge Nichten und Neffen und bin sowieso von Kindern umgeben.
Obwohl ich Angst davor habe, welche Fragen oder Anforderungen die Zwillinge später mal an mich haben werden, bereue ich es keine Sekunde, meine Eizellen gespendet zu haben, denn zu sehen, was für großartige Eltern mein bester Freund und sein Partner abgeben, ist einfach nur toll. Nochmal würde ich jedoch niemandem, den ich kenne, eine Eizelle spenden. Jetzt wo ich weiß, welche Fragen das mit sich bringt, wäre mir das einfach zu kompliziert. Wie ich mit den Zwillingen umgehen werde, wenn sie erstmal herausfinden, welche Beziehung wir miteinander haben, weiß ich noch nicht. Ich möchte sie nicht enttäuschen, indem ich dann etwas wie „Aber eure Mutter bin ich nicht“ sage. Wir stehen uns jetzt schon sehr nahe und ich liebe sie wirklich sehr.“
*Name von der Redaktion geändert