Mit 23 hatte ich einen One-Night-Stand, der fünf Jahre anhalten sollte. Ich fuhr zusammen mit drei Schulfreundinnen in den Skiurlaub. Wir alle waren damals Single, zwei von uns waren erst kürzlich verlassen worden. Zusammen sangen wir tagsüber auf dem Weg zur Piste lauthals Never Ever von den All Saints aus dem Lift und tanzten abends auf den Tischen der Après-Ski-Hütten. Am vorletzten Abend sah ich in einer solchen Hütte jemanden, der mir gefiel. Ich nahm all meinen angetrunkenen Mut zusammen und stolzierte in meiner Skihose zu ihm rüber. In meiner durchaus verschwommenen Erinnerung küssten wir uns, noch bevor wir unsere Namen ausgetauscht hatten.
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Alle von uns gabelten an diesem Abend jemanden auf, mit dem wir schlafen wollten, sodass wir uns – betrunken, wie wir waren – kurz vor der Heimfahrt zu einem Strategie-Meeting zusammenfinden mussten. Wie sollten all die Typen in unser Ein-Zimmer-Chalet passen? Eine Freundin nahm das Bad unter Beschlag, ich reservierte mir die Couch und eine Dritte verzog sich selbstlos, wie sie war, in die Abstellkammer. Die Vierte im Bunde übernachtete woanders. Am nächsten Morgen gab ich dem Typen meine Nummer, ohne dass er danach gefragt hätte. Lose machten wir aus, uns in London wiederzutreffen.
Drei Jahre später saßen er und ich nebeneinander im Flugzeug. Wir waren auf dem Weg in die USA, wo ein neuer gemeinsamer Lebensabschnitt beginnen sollte. Zu diesem Zeitpunkt lebten wir zusammen, teilten uns einen großen Freundeskreis und waren tief ins Familienleben des jeweils anderen verwurzelt. Es hatte im Verlauf unserer Beziehung immer mal wieder Momente gegeben, in denen ich mir unsicher war. Doch wann immer diese Gedanken aufkamen, hatten wir kurz darauf wieder unglaublich glückliche Phasen und schöne Momente. Wir waren nie das Paar, das stundenlang bis tief in die Nacht miteinander redete. Zum damaligen Zeitpunkt war aber genau das meine Vorstellung von wahrer Liebe.
Unsere Partnerschaft war liebevoll und entspannend, die körperliche Anziehungskraft zwischen uns blieb stark. Rückblickend glaube ich, dass ich immer versucht habe mehr von ihm zu bekommen, als er mir geben konnte. Irgendwie überkam mich das Gefühl, dass die Entscheidung gemeinsam wegzugehen falsch gewesen sein könnte, da plötzlich Freunde und Familie fehlten, die die Lücke zwischen uns sonst immer gefüllt hatten. 18 Monate danach, fünf Jahre nach der Nacht im Chalet, beendete ich unsere Beziehung auf eine Art und Weise, die ich heute bereue. Ich wusste nicht was ich wollte, und so schleppte die Trennung sich unangenehm hin.
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Er war mir noch lange nach der Trennung böse. Unser Beziehungsende ist jetzt drei Jahre her, und ich habe fest mit einer Absage gerechnet, als ich ihn per E-Mail bat, mir 29 extrem persönliche Fragen zu unserer Beziehung zu beantworten, die ich dann für einen Artikel nutzen würde. Überraschenderweise sagte er ja. Ich hatte tagelang Angst, brutale Antworten von ihm zu bekommen. Als seine Rückmeldung dann eintraf, wunderte ich mich ein zweites Mal, denn ganz offensichtlich hatte ich ihn da wohl unterschätzt.
1. Beschreibe die Nacht, in der wir uns kennengelernt haben.
Das kann ich nicht, ich war viel zu betrunken. Es war in einer Bar in den französischen Alpen und ich hatte zu viel Rum getrunken. Ich weiß nur noch, dass ich dich bei unserem ersten Kuss sehr unangemessen gegen die Wand gedrückt habe.
2. Was hast du am Anfang über mich gedacht?
Ich habe dich überhaupt nicht verstanden. Ich weiß noch, wie ich dich für so cool und geheimnisvoll hielt, dass du eigentlich aus einer anderen Welt hättest stammen müssen. Aus irgendeinem Grund, den ich echt nicht beschreiben kann, hatte ich die Vorstellung, du würdest nicht duschen. Nicht weil du unhygienisch gewesen bist, sondern weil du so ruhig und gelassen warst, dass ich mir einfach nicht vorstellen konnte, dass du so etwas Alltägliches wie duschen machst. Okay, also es ist offensichtlich unmöglich zu erklären.
3. Wann waren wir deiner Meinung nach am glücklichsten miteinander?
Wahrscheinlich in der Mitte unserer Beziehung, als wir zweieinhalb Jahre zusammen waren und in unsere erste gemeinsame Wohnung gezogen sind. Ich war mir sicher, das hält für immer.
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4. Was ist deine liebste Erinnerung an mich?
Jeden Abend im Bett mit dir zu kuscheln. Ich hätte nirgendwo lieber sein wollen als dort mit dir. Und dieses eine Mal, als wir irgendwo hinrennen wollten und du gestolpert und hingefallen bist (lol).
5. Ab wann ist es schiefgelaufen?
Als wir nach Amerika gezogen sind. Wir waren beruflich in komplett unterschiedlichen Phasen. Du hattest gerade etwas beendet und ich fing mit etwas an. Und dann waren wir plötzlich nur noch zu zweit, keine Familie, keine Freunde, keine Arbeit. Das hat uns alles extrem runtergezogen.
6. Warum haben wir uns deiner Meinung nach getrennt?
Ich habe es nicht geschafft für dich da zu sein, als du mit deiner Familie durch eine Krise gegangen bist. Und auch danach nicht, als du gestresst warst. Einige Zeit später hast du angefangen, dir regelmäßig mit zwei anderen Männern zu schreiben. Ich bin rückblickend ziemlich sicher, dass du mit ihnen emotionale Affären hattest. Und du hast mich deswegen angelogen. Wir haben noch eine Weile so weitergemacht und dann wolltest du eine Beziehungspause. In der hast du dann mit einem von den beiden geschlafen und bist danach wieder zurück zu mir gekommen. Doch emotional hast du mich danach außen vor gelassen. Richtig Schluss war dann ein oder zwei Monate später. Ich weiß, ich habe auch ein paar schlimme Sachen gemacht – zum Beispiel habe ich der Schwester deiner besten Freundin gesagt, dass sie langweilig sei. Aber an das Ende unserer Beziehung erinnere ich mich so.
7. Beschreibe den Tag, an dem wir Schluss gemacht haben.
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Wir haben uns in einem Park verabredet. Mein Handyakku war leer und so lief ich eine Zeit lang mit einem weißen Magnum-Eis durch den Park. Ich hatte es nicht eilig dich zu finden, weil ich schon wusste, wieso du dich mit mir treffen wolltest. Als wir dann zusammengefunden hatten, setzten wir uns ins Gras und redeten und dann hast du Schluss gemacht. Ich wusste danach nicht, wohin, weil ich damals keine Wohnung in London hatte. Also habe ich mich gegen einen Baum gelehnt und geweint. Dann bin ich mit dem Fahrrad zurück zu meinem Hotelzimmer gefahren, aber ich war wie betäubt. In dem Park war ich übrigens nie wieder.
8. Wie lange hast du gebraucht, um über unsere Trennung hinwegzukommen?
Manches ging schneller, anderes wird nie weggehen. Ich werde niemals sagen können: „Weißt du noch, wie wir uns getrennt haben? Das war vielleicht ein Spaß.“ Aber um es kurz zu machen: 18 Monate.
9. Was denkst du heute über mich?
Ich habe meinen Frieden gemacht. Ich will nicht dein bester Freund sein. Aber das könnte ich mit niemandem, mit dem ich so lange zusammen gewesen bin. Diese Sache ist einfach vorbei und ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Freundschaft gut für uns wäre. Aber ich wünsche dir Gesundheit, Geld, Glück und jede Menge Hunde.
10. Wie war ich als Freundin?
Insgesamt warst du toll. Du konntest sehr kühl und distanziert sein und ich hatte oft das Gefühl neben deiner Familie (verständlich), Freunden (manchmal verständlich) und der Arbeit (komm schon) nur das fünfte Rad am Wagen zu sein. Aber ich habe dich sehr geliebt, dir vollständig vertraut und kann mich nicht daran erinnern, jemals wütend auf dich gewesen zu sein. Irritiert vielleicht schon eher. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, Zeit mit dir zu verbringen, du warst lustig und wolltest immer was unternehmen. Auch deine Familie und Freunde waren cool. Ich war davon überzeugt, dass wir unsere Leben zusammen verbringen würden. Wir waren ein stabiles Paar.
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11. Was sind meine besten Eigenschaften?
Dein Sinn für Humor, deine Loyalität Freunden und Familie gegenüber. Du bist liebenswürdig, arbeitest hart, bist pflichtbewusst, großzügig und tierlieb.
12. Und meine schlechtesten?
Unter der Woche um 23:30 Uhr noch mit tiefschürenden Gesprächsthemen um die Ecke zu kommen, nur um dich am Ende eh nicht daran zu halten, was du in diesen Konversationen von dir gegeben hast. Du nimmst die Arbeit zu ernst, kannst schlecht allein sein und bist eine aggressive Autofahrerin.
13. Was, glaubst du, war das Besondere an unserer Beziehung?
Ich hatte das Gefühl, dass du mich besser kennst als ich mich selbst. Das gibt es glaube ich nicht so häufig.
14. Was hast du von mir über Frauen gelernt?
Alles. Ich glaube, bevor ich dich traf, wusste ich genau genommen gar nichts über Frauen.
15. Und was hast du generell aus unserer Beziehung gelernt?
Mir ist bewusst geworden, wie ich mir meine Work-Life-Balance vorstelle, weil ich gesehen habe, wie viel du arbeitest und wie gestresst du bist. Und wie ich mir verschiedene Familiendynamiken wünsche.
16. Und was, glaubst du, habe ich von dir gelernt?
Ich hatte häufig das Gefühl dir beibringen zu müssen, dass ein möglichst stressfreies Leben viel wichtiger ist und glücklicher macht als eine supererfolgreiche Karriere zu haben. Aber ich bin nicht sicher, ob mir das gelungen ist.
17. Was hat deiner Meinung nach in unserem Sexleben gefehlt?
Fandest du, da hat was gefehlt? Ich fand unseren Sex immer gut, selbst als alles andere um uns herum zusammengebrochen ist. Sicherlich kann man immer noch mehr kommunizieren und abenteuerlustiger sein.
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18. Wie oft hast du ernsthaft darüber nachgedacht mich zu betrügen?
Ich weiß nicht. Ich habe jedenfalls nie geplant, dich zu betrügen oder in diese Richtung zu gehen. Dem am nächsten bin ich wohl gekommen, als ich mal total betrunken eine andere Frau befummelt habe. Aber das war einfach nur demütigend und ich zähle das nicht als Fremdgehen.
19. Wenn wir damals nicht Schluss gemacht hätten, glaubst du, die Beziehung hätte gehalten?
Da bin ich mir nicht sicher. Klar hätten wir weitermachen können, wenn wir beide wirklich an der Beziehung gearbeitet hätten. Aber ich weiß nicht, ob wir nach allem, was vorgefallen ist, nochmal so glücklich hätten werden können, wie wir es einmal waren.
20. Glaubst du, dass du ein guter Freund warst?
In den ersten sechs Monaten nicht. Da habe ich einfach nicht nachgedacht und war ein Idiot. Als es dann ernst wurde aber schon. Zumindest habe ich es wirklich versucht.
21. Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest, was würdest du heute anders machen?
Ich hätte dich während und nach der Krise, die ich schon angesprochen habe, voll unterstützt. Und ich wäre ins Fitnessstudio gegangen, hätte meinen Oberkörper trainiert und deinem jetzigen Freund eins übergebraten.
22. Was hast du in der Beziehung nach mir anders gemacht?
Ich versuche weniger Unsinn zu reden und nicht so nervig zu sein. Ich will aufmerksamer sein und eine größere Unterstützung, wenn es sein muss. Außerdem habe ich meine aktuelle Freundin noch nicht dazu verdonnert, samstags um Zehn schlafen zu gehen, weil ich am nächsten Tag um 14 Uhr ein Fußballspiel habe.
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23. Was hast du deiner jetzigen Freundin über mich und unsere Beziehung erzählt?
Ich habe ein bisschen über dich gelästert und ihr erzählt, wie wir das eine Mal im Nachtbus Schluss gemacht haben. Das bereue ich ein wenig. Aber darüber hinaus habe ich ihr nichts erzählt, weil sie auch nie gefragt hat.
24. Wer hat sich deiner Meinung nach mehr Mühe in unserer Beziehung gegeben, du oder ich?
Zum Ende hin ich. Davor ein bisschen mehr du.
25. Wie hat deine Familie auf unsere Trennung reagiert?
Sie waren traurig. Aber ich komme ja aus einer großen Familie, die haben schon alles Mögliche gesehen. Deswegen kann ich jetzt nicht sagen, dass sie am Boden zerstört waren.
26. Und deine Freunde?
Einige von ihnen waren sicher traurig oder enttäuscht. Aber mit denen bist du eh in Kontakt geblieben und ich bin sicher, dass sie auch wussten, dass das möglich ist.
27. Beschreibe, wie du dir einen typischen Tag mit 35 vorstellst, wenn wir zusammen geblieben wären.
Wir würden auf dem Land oder in der Vorstadt leben und wahrscheinlich einen ähnlichen Job machen, weil wir ja das Gleiche gelernt haben. Wir hätten einen Hund und eine Katze, die beste Freunde wären. Und ein paar Babys. Ich würde früh aufstehen, mit dem Hund Gassi gehen und abends das Essen vorbereiten. Wenn du dann von irgendeinem coolen Event zurückkämst, stünde es schon auf dem Tisch. Wir würden draußen noch ein Glas Wein trinken oder Fernsehen gucken.
28. Magst du mich noch?
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Klar doch. Du bist jetzt nicht Jesus oder Harry Kane, du hast schon Fehler gemacht. Aber ich ja auch.
29. Wie fühlt es sich an, mich heute zu sehen?
Es ist angenehm und ein wenig aufregend. Ein bisschen so, als würde man seinen Wintermantel rausholen und in der Tasche einen Zehner finden. Mit der Zeit kann es aber auch ein wenig unangenehm werden, als wäre die Sonne nochmal rausgekommen und man steht da mit dem warmen Mantel.