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Was ist Fragilizing & wie beeinflusst es Beziehungen?

Photographed by Savana Ogburn.
Stell dir vor du bist auf eine Party eingeladen, auf die du absolut keine Lust hast. Deine Freunde aber wollen dich unbedingt dabei haben und sind schnell beleidigt, wenn du absagst. Also springst du mal wieder über deinen Schatten und gehst zu dieser blöden Party, auch wenn es buchstäblich eine Million Dinge gibt, die du in dieser Zeit lieber tun würdest. Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Dieses Verhalten nennt sich Fragilizing – du tust etwas, das du gar nicht machen willst, um dein Gegenüber nicht zu verletzen oder vielleicht sogar wütend zu machen. Vor allem Menschen, die unter Angstzuständen leiden, neigen besonders stark dazu, auf diese Weise mit potentiellen Konfliktsituationen umzugehen. Dabei ist es egal, wer dein Gegenüber ist. Fragilizing kann bei jeder Art von Beziehung auftreten, sei es in einer Partnerschaft, Freundschaft, Eltern-Kind-Beziehungen oder sogar die Beziehung zum Haustier (wenn dein Hund dich mit seinen Kulleraugen anstarrt, ist es auch wirklich schwer nicht noch eine Extrarunde beim Rausgehen mit ihm einzulegen).
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Während es auf den ersten Blick so scheint, als ob du durch Fragilizing Streitigkeiten aus dem Weg gehen kannst oder besonders selbstlos Konflikte löst, bringt es den beteiligten Parteien in der Beziehung nicht wirklich viel, erklärt Dr. Debra Kissen, klinische Leiterin von Light on Anxiety, einem Therapiezentrum für kognitive Verhaltensstörungen in Chicago.
Meistens verhalten sich Menschen so, weil sie Angst haben, dass jemand sehr sensibel ist und mit der Enttäuschung nicht klar kommt, aber das ist nicht mal ansatzweise richtig. Menschen mit einer Angststörung haben einfach oft die Tendenz dazu immer gleich vom Worst-Case-Szenario auszugehen, in diesem Fall eben, dass deine Freund*innen für immer sauer auf dich sein werden, wenn du bei so etwas Nichtigem wie einer kleinen Party nicht dabei bist. Der eigentliche Witz dabei ist: „Du redest dir ein, das zu tun, weil du anderen Menschen kein Unmut bereiten willst, aber in Wirklichkeit machst du das, um dein eigenes Unbehagen zu verkleinern.“, erklärt Dr. Kissen. Du fühlst dich unwohl mit dem Gedanken der Grund für die schlechte Laune von anderen zu sein, fügt sie hinzu. Und indem du dich der Situation beugst, glaubst du einem größeren Übel entkommen zu sein.
Nach und nach gehst du dann immer mehr Situationen oder Gesprächen aus dem Weg, auch wenn sie dir eigentlich am Herzen liegen, nur um einer unangenehmen Auseinandersetzung zu entgehen, meint die Expertin – und genau das ist der eigentliche schlechte Nebeneffekt. „Durch ständiges Fragilizing wirst du dich in vielen Situationen unerfüllt fühlen“, sagt Dr. Kissen. „Außerdem gehört es zu den wichtigen Lektionen im Leben auch mit komplizierten oder unangenehmen Situationen klarzukommen, damit wir in unserer eigenen Meinungsbildung gestärkt sind.“
Nur um das klarzustellen: Wenn du zu Fragilizing neigst, heißt es nicht, dass etwas mit dir nicht stimmt und es bedeutet auch nicht gleich, dass du dich immer nur herumschubsen lässt. Du ersparst dir einfach nur einige unangenehme Abende, wenn du damit aufhörst. Beschließt du Fragilizing aus deinem Leben zu verbannen, ist es wichtig, zuerst mit kleinen Schritten zu beginnen. Die Expertin rät dir dich anfangs nur auf einen Aspekt oder eine Beziehung zu konzentrieren, wo du dein Verhalten ändern willst. Wenn ihr zum Beispiel das nächste Mal Essen geht, sagst du nicht mehr: „Du kannst aussuchen, wo wir hingehen“, sondern sprichst aus worauf du Lust hast. „Finde bestimmte Wege, um eine gewisse Toleranz gegenüber dem Unmut von anderen zu entwickeln“, fügt sie hinzu. Und natürlich sind deine Lieben hin und wieder verärgert, weil sie nicht bekommen, was sie wollen – aber das ist wirklich nicht das Ende der Welt. „Manchmal ist der Mensch einfach eine beleidigte Leberwurst – aber eben auch nicht mehr als das“, sagt Dr. Kissen (Sollten die Wutausbrüche der Person dir aber das Gefühl der Unsicherheit geben oder dir sogar Angst machen, kommt diese Strategie natürlich nicht in Frage).
Im Leben und besonders in Beziehungen muss man manchmal ein hartes Gespräch führen oder sich mit einer Enttäuschung auseinandersetzen, um zu wachsen. Deshalb ist es auch nicht schlimm gelegentlich etwas bestimmender zu sein. Im tiefsten Herzen weißt du, deine Freund*innen werden es schon überleben, wenn sie mal ohne dich auf eine Party müssen.

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