Manchmal, wenn mein Freund und ich miteinander schlafen, checke ich auf meinem Handy meine Emails, bestelle mir schon mal einen Uber oder schreibe die ein oder andere Nachricht.
Um das gleich klarzustellen: Sollte euch das mit jemandem passieren, den ihr noch nicht lange kennt – oder solltet ihr nicht, so wie mein Freund und ich, gemerkt haben, dass euch das ziemlich anturnt –, habt ihr mein vollstes Verständnis, wenn ihr das Handy nehmt, aus dem Fenster schmeißt oder es in der Toilette versenkt, denn mal ehrlich: Wie respektlos ist das bitte?
Nun zu meinem Freund und mir: Er steht aus irgendeinem Grund darauf. Zumindest macht es ihn ziemlich scharf, wenn ich beim Sex möglichst unbeteiligt wirke. Natürlich nicht immer! Im Gegenzug gefällt es mir natürlich sehr, wenn ich merke, wie heiß ich ihn mache. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass es ein Handy ist, das mehr Aufmerksamkeit bekommt, als mein Freund, auch ein Kreuzworträtsel oder ein Buch eignen sich fantastisch. Wobei die Möglichkeit, beim Sex mit anderen Menschen zu kommunizieren, die Situation vielleicht noch ein bisschen aufregender werden lässt.
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Meine Freundinnen schütteln regelmäßig den Kopf, wenn ich ihnen davon erzähle. Ja, wahrscheinlich ist es erstmal etwas befremdlich, wenn man bedenkt, was so unter „normalem“ Sex verstanden wird. Mein Partner beschreibt es so: „Es gibt diese allgemeine Vorstellung davon, was guter Sex ist und wie genau er ablaufen muss, um romantisch, magisch und superheiß zu sein... und das bitte alles auf einmal. Manchmal finde ich es einfach entspannend und auch aufregend, diese Erwartungshaltung zu durchbrechen und einfach etwas anderen Sex zu haben. Weniger Performance, mehr Lust.“
In diesem Punkt, stimme ich komplett mit ihm überein. Sex fernab von der Leinwand oder dem Computerbildschirm hat eben nicht immer etwas damit zu tun, diese oder jene Bewegung zu machen und nicht jedes Stöhnen, dass wir durch das Studium unzähliger Sexszenen als üblich oder vielleicht sogar notwendig betrachten, ist eine echte Reaktion, die uns beim Sex auch wirklich passiert. Diese Art der „Performance“ kann durchaus erregend sein, muss sie aber eben nicht!
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Das Tolle an unserem Sex ist, dass es kein ständiges Aktion-Reaktion-Spiel ist
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Das Tolle am Sex mit meinem Freund ist, dass es kein ständiges Aktion-Reaktion-Spiel ist und wir währenddessen keine Listen mit Selbstoptimierungsideen fürs nächste Mal anfertigen. Eine australische Studie aus dem Jahr 2011 zeigt, dass Paare weitaus weniger oft miteinander schlafen, als sie es sich wünschen würden. Somit hätte die Mehrheit der 4,290 befragten Männer (3,240 davon in heterosexuellen Beziehungen) und circa 30% der 4,366 befragten Frauen (3,304 davon in heterosexuellen Beziehungen), gerne mehr Sex mit dem Partner. Die Experten sind der Meinung, dass Frauen in Beziehungen weniger Sex haben, weil sie zu hohem Stress ausgesetzt sind. Hierzu zählt unter anderem der Anspruch an das eigene Aussehen: Viele der Befragten gaben an, mit dem eigenen Körper nicht zufrieden zu sein. Ich möchte nicht behaupten, dass diese Gründe nicht plausibel sind, aber ich denke eben auch, dass es daran liegt, dass wir uns diesen Performancedruck selbst auferlegen und jedes einzelne Stelldichein an Oscar-reife Filmszenen heranreichen muss. Dabei kann man nur enttäuscht werden. Denn dabei wir vergessen häufig, dass Sexszenen im Film ausschließlich dazu da sind, die Handlung voranzutreiben und nicht, um möglichst adäquaten, realitätsgetreuen Geschlechtsverkehr darzustellen.
Ich bin sehr froh, dass mein Partner und ich diese entspannte Art des Sex' für uns entdeckt haben. Manchmal sind wir einfach nur total faul und unterhalten uns dabei über den Tag des anderen oder schauen dabei eine Serie, lassen uns ablenken und machen erst nach einer kurzen Pause wieder weiter. Oft wird dadurch die Stimmung aufgelockert, das nimmt uns den Druck. Keiner von uns hat eine Erwartungshaltung an den anderen, wie schnell dieser zum Höhepunkt kommen muss, oder was dieser mit dem Körper des jeweils anderen anstellen muss, damit es unvergesslich und einmalig wird. Auch Machtspielchen kommen dabei nicht zu kurz, denn es ist schon ziemlich aufregend für uns, wenn man weiß, dass man den anderen haben kann, auch wenn dieser vielleicht gerade mit etwas anderem beschäftigt ist. Außerdem macht es so auch den Anschein, dass ich nicht zu abhängig bin davon, ob mein Partner nun unbedingt Sex mit mir haben will. Diese Art der Kontrolle zu haben, fühlt sich manchmal großartig an.
Wichtig ist es, zu erwähnen, dass ich bei all dem „so tun als ob ich gelangweilt bin und eigentlich keine Lust habe“ selbstverständlich weit davon entfernt bin, wirklich keine Lust auf Sex zu haben. – Solltet ihr also tatsächlich keine Lust auf die Avancen eures Gegenübers haben, heißt das nichts anderes als Abbruch! – Bei uns handelt es sich nunmal um eine Fantasie, die wir gemeinsam ausleben. Es kommt auf die Abwechslung an. Es muss ja auch nicht jeden Abend Austern und Champagner zu essen geben, manchmal ist eine Portion Pommes alles, was man braucht. Nicht jedes Liebesabenteuer mit eurem Partner muss sich anfühlen, wie der beste Sex eures Lebens. Intimität und Nähe stellen sich nicht ausschließlich durch die leidenschaftlichsten und wildesten Momente her. Manchmal kann man sich eben auch bei einer Folge “30 Rock” unglaublich nahe sein.
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