Egal ob es das Stöhnen beim Einsteigen in eine überfüllte U-Bahn ist, das Augenrollen an der Kasse, wenn es mal wieder nicht schnell genug geht, oder der eindeutig interessierte Blick des Gegenübers im Bus: Täglich kommunizieren wir auf so viele verschiedene Arten miteinander. Permanent stehen wir durch non-verbale Gesten und Handlungen mit unserer Umwelt im Austausch. Auch ohne große Worte teilen wir unserem Umfeld mit: „Lass mich in Ruhe!“ – „Du gefällst mir“ – „Ich habe Angst“ – „Ich bin traurig“.
Diese Botschaften, die wir durch unsere Körpersprache senden, prägen und gestalten unsere persönlichen Beziehungen, sowohl positiv als auch negativ. Besonderes Gewicht bekommen sie in Liebesbeziehungen, wenn wir einander bereits gut kennen und wir Expert*innen darin geworden sind, unser Gegenüber zu lesen. Oft setzen wir dies auch unterbewusst ein, um unserer Partnerin/unserem Partner etwas mitzuteilen, dass wir vielleicht nicht verbal äußern möchten. Nicht selten hat dieses Verhalten dann Streit und ungewollte Verletzungen zur Folge. Vielleicht ganz unterbewusst, aber dennoch nicht weniger wirkungsvoll, handeln wir auf passiv-aggressive Weise, um auf scheinbar subtilere Weise Kritik zu äußern. Um das zu bekommen, was wir wollen.
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Dir könnte das nicht passieren? Bist du da ganz sicher?
Mit meinem Buch „Rock The Boat“ möchte ich Paaren dabei helfen, die 4 häufigsten Arten von passiv-aggressivem Verhalten in Beziehungen zu erkennen, um ihnen zu einer liebevolleren Kommunikation zu verhelfen.
Kommen dir folgende Szenarien vielleicht bekannt vor?
Lautes Schweigen
Deine bessere Hälfte trifft eine Entscheidung oder tut etwas, das dir nicht gefällt. Wie reagierst du?
Du sagst vielleicht: „Gar kein Problem. Alles gut!“, aber auf eine Weise, die unmissverständlich klar macht, dass mit Sicherheit nicht „alles gut“ ist. Mit jeder Faser deines Körpers teilst du mit, was du wirklich denkst. Dein*e Partner*in kennt dich gut genug, um das zu merken und wird vielleicht verletzt oder angriffslustig auf deine Antwort reagieren. Sehr wahrscheinlich geht man dann in die Offensive und verteidigt sich, indem man behauptet, dass man doch gesagt habe, alles sein in Ordnung und wirft dem Gegenüber vor, es würde überreagieren.
Mit der Zeit, werden Paare Profis darin, sich so gegenseitig zu verletzen. Die kleinsten, minimal aggressiven Spitzen werden dazu genutzt, dem Gegenüber zu verstehen zu geben: „Ich liebe dich nur dann, wenn du tust, was ich will. Wenn mir missfällt, was du tust oder sagst, werde ich dich das spüren lassen.“
Die kunstvolle Grausamkeit eines solchen Verhaltens ist, dass sie so subtil bleibt. Der/die Partner*in fühlt sich angegriffen, meist zu recht, kann uns die negative Intention unserer Aussage allerdings nicht nachweisen.
Emotionale Erpressung
Für alle die, die am liebsten immer die Kontrolle behalten, dabei aber so tun möchten, als ob es nicht so wäre, empfiehlt sich die folgende Methode. Ihr wollt auf eine Party gehen, auf die dein*e Partner*in nicht mitkommen möchte? Du findest, es ist Zeit für ein neues Sofa, dein*e Partner*in sieht das allerdings ganz anders? Du begegnest der Ablehnung mit endlosen Diskussionen und Vorträgen, solange bis schließlich nachgegeben wird und du das bekommst, was du willst. Aber nicht genug, dass du dein Ziel erreicht hast. Du musst im Idealfall auch noch das Gefühl haben, dass ihr es beide zu gleichen Teilen wollt. Anstatt dich zu bedanken, fragst du dann andauernd, was denn eigentlich los sei und warum so eine schlechte Stimmung herrscht und machst dich somit zum Opfer der schlechten Laune deiner besseren Hälfte. Die frustrierte Antwort lässt dann auch nicht lange auf sich warten: „Was möchtest du denn noch mehr? Du wolltest das doch unbedingt und jetzt beschwerst du dich immer noch!“
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Du bekommst, was du willst, indem du komplett ignorierst, was die andere Person in deiner Beziehung möchte und nun machst du sie auch noch dafür verantwortlich, dass die Stimmung im Keller ist. Herzlichen Glückwunsch!
Verbale Angriffe
Ein Nein wird nicht akzeptiert. Der Partner, die Partnerin wird permanent mit Worten und Vorwürfen bombardiert.
Das Ziel ist, auf das Gegenüber mit unglaublicher Intensität, möglichst großen Druck auszuüben. Es wird solange genervt, genörgelt und genölt, bis deinem Gegenüber nichts mehr bleibt, als klein beizugeben.
Ambivalentes Verhalten
Du teilst immer nur das mit, was du für nötig empfindest. Somit steuerst du ganz bewusst, was und vor allem wie viel du preis gibst. Gerade genug nämlich, um die Partnerin oder den Partner bei der Stange zu halten. Dieses nicht mehr so subtile Machtspielchen wird durch die emotionale Stimmqualität ebenso wie durch kleinste körpersprachliche Feinheiten gesteuert. Zwischendurch distanzierst du dich, nur um dann wieder etwas mehr Nähe zuzulassen. Das Gegenüber spielt das Spielchen mit, weil es sich nach deiner Zuneigung sehnt. Beispiele für dieses Verhalten gibt es viele:
Die Partnerin erzählt von ihrem Tag, du hörst ihr nur mit einem Ohr zu, um dann einfach das Thema zu wechseln, bevor sie die Geschichte zu Ende erzählen kann.
Der Partner bittet um ein Gespräch, du stimmst zu, bist dann aber nicht richtig bei der Sache, währenddessen mit deinem Handy beschäftigt oder dein Blick wandert immer wieder in die Zeitung. Der Versuch, Interesse und Aufmerksamkeit vorzutäuschen, wird wenig überzeugend durch halbherzige „Mhms“ und „Ahas“ unterstützt. Du tust betont gelangweilt und unterstreichst dies durch Fragen wie: „Über wen reden wir nochmal?“ Wahlweise heuchelst du auch Anteilnahme vor, indem du Dinge sagst wie: „Oh, ja das verstehe ich, das muss sicher verletzend gewesen sein“, aber dein generischer bis genervter Tonfall lässt keinen Zweifel daran, dass du es nicht so meinst, wie du es sagst.
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Wie also lässt sich die Kommunikation in eurer Beziehung konstruktiver gestalten?
Wir alle bestrafen von Zeit zu Zeit unsere Partner*innen mit passiv-aggressivem Verhalten.
Häufig geschieht dies ganz unbeabsichtigt und unterbewusst. In meinen Therapiesitzungen erlebe ich fast immer, dass auf solche Anschuldigungen mit: „Was? Ich habe doch gar nichts gemacht!“, reagiert wird, in der Hoffnung, die Situation so zu retten.
Aber seien wir ehrlich: Mindestens genauso häufig sind wir uns sehr wohl im Klaren darüber, was wir da gerade machen und setzen das Verhalten ganz bewusst ein, um zu verletzen.
Die Folge ist dann häufig ein ausgewachsener Streit. Unser Opfer setzt sich gegen die Ungerechtigkeiten zur Wehr.
Manchmal führt das dann zum Ende der Beziehung, aber solche Momente stellen auch oft eine Chance dar, Eingefahrenes zu überdenken und eine Veränderung zu begünstigen, die schließlich ein liebevolleres Miteinander bedeutet. Dies ist allerdings nur möglich, wenn beide Parteien bereit dazu sind, ihre eigenen Mechanismen zu beobachten und aktiv daran zu arbeiten.
Solltet ihr euch also einmal zu oft in den beschriebenen Szenarien wiedergefunden haben, ist es an der Zeit ganz grundsätzlich euer Verhalten zu überdenken, bevor es vielleicht zu spät ist.
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