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Von Lasagne und dem schlechten Ruf aufgewärmter Beziehungen

Debbie ist 20, Ersti, frisch nach Köln gezogen und auf der Suche. Nach sich selbst, nach der Liebe, nach dieser einen Sache, die einen irgendwie erfüllt. Das muss gar kein Mensch sein, das kann auch eine Sache sein oder ein Gefühl, doch die Sehnsucht ist da für etwas, was noch gar nicht existiert. Sehnsucht. Sie ist süchtig nach dem Sehnen und wer ist das eigentlich nicht mit 20, das ist doch sozusagen die Aufgabe in diesem Alter und, wenn man Glück hat, das ganze Leben lang. Dieses Gefühl kann nämlich so schrecklich und doch auch so schön sein, es hält die Emotionen warm und die Augen offen und so auch die von Debbie Schmitt, die gerne die kleinen Details beobachtet. Um sich herum, aber auch in sich selbst und sich immer wieder die Frage stellt: Wer bin ich? Und keine Antwort darauf findet. Stattdessen gibt sie sich der Ungewissheit hin und legt sich weder bei sich selbst fest, noch bei ihren Vorlieben: „Freitagabends bestelle ich Gin Tonic. Oder ein Glas Weißwein. Meinen Kaffee trinke ich immer unterschiedlich, wie mir danach ist. Aber selten schwarz. Mal mehr, mal weniger Milch. Ich mag jede Jahreszeit, aber das schönste ist der Wechsel. Wenn die Blätter bunt werden, runterfallen, es schneit und dann irgendwann wieder die ersten warmen Sonnenstrahlen kommen.“, so beschreibt sich Debbie. Sie ist alles und auch vieles nicht. Nicht ein Charakter, nicht eine Idee und nicht eine Entscheidung. Sie ist die Alternative der Entscheidung und die Mindmap der Idee, denn das Schönste ist der Wechsel, das sagt Debbie über sich selbst und das finden wir auch. Ab sofort wird sie amazed mit ihren gefühlvollen und kleinen Gedanken über die Liebe und das Leben bereichern und wir freuen uns, heute ihre erste Kolumne mit euch teilen zu dürfen:
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Von Lasagne und dem schlechten Ruf aufgewärmter Beziehungen

Aufgewärmt schmeckt nur Lasagne gut, nicht etwa Ex-Beziehungen, sagt man. „Stop watering dead flowers“, heißt es unter Spiegelselfies. Aber eigentlich liebe ich Lieder, bei denen man zwischenzeitlich denkt, sie seien vorbei; dann wartet man einige Sekunden, und dann kommt der Refrain doch noch einmal wieder, diesmal mit doppelt so viel Leidenschaft. Und ich liebe uns, obwohl wir uns aufgewärmt haben. Oder besser: obwohl wir uns kalt werden ließen.
Bevor ich unsere abgestorbenen Blumen wieder gegossen habe und die Lasagne in die Mikrowelle schob, war ich auch fest davon überzeugt, es sei ein Zeichen von Schwäche, etwas, das man für beendet erklärte, wieder aufleben lassen zu wollen. Das muss doch heißen, man findet einfach keinen Besseren und ist so einsam, verzweifelt und allein, dass man zurück zum Ex geht, trotz all der Verletzungen und trotz all der Gründe, weshalb man Schluss gemacht hat. Ich war hielt es für ein Naturgesetz, Vergangenes vergangen sein lassen zu müssen, obwohl ich so nostalgisch sein kann. Gerade das förderte meine Nostalgie: Wer oder was in der Vergangenheit liegt, kann man nicht zurück haben und jede Bemühung ist schmerzvoll und zwecklos. Aber das ist nur teilweise wahr, denn auf Menschen kann man wieder zugehen, man kann ihnen sagen, dass es einem leid tut, dass man vergibt und dass man sich nichts sehnlicher wünscht, als sie als Vergangenheitsmensch wieder in der Gegenwart zu wissen. Erlebtes kann man nicht zweimal erleben, aber man kann sich daran erinnern und sie noch einmal fühlen, mit Musik und Kunst und Büchern und Gefühlen und Orten und Fotos.
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Ich tat mich anfangs also trotzdem schwer damit, das Wasser für unsere vertrockneten Blumen zu nehmen. Ich wollte nicht schwach sein, sondern stark. Weil ich das nicht war, wollte ich wenigstens so tun. Ich war so schwach; nicht weil ich allein war, sondern weil ich mit ihm sein wollte, er aber nicht mehr da war. Nicht weil ich dachte, ich finde keinen mehr, mit dem es einfacher werden würde, sondern weil ich niemand anderen finden wollte und ich trotzdem dachte, ich halte es nicht mehr aus. Nicht weil ich die Verletzungen nicht sah, sondern weil ich verzeihen wollte und es so werden sollte, wie es war. Weil ich wusste, dass es wieder so werden könnte: Naiv, leidenschaftlich, glücklich – wenn wir doch endlich bereit dazu sind. Ich war nicht schwach, weil ich unsere Differenzen ausgeblendet hatte, sondern weil ich an ihnen und an uns arbeiten wollte. Weil ich wusste, dass ich sowieso an mir arbeiten muss. Aber ich wollte eben, dass er mir dabei zusieht. Das machte mich schwach, weil er nicht da war, weil ich ihn weg stieß, und mir trotzdem nichts mehr wünschte, als bei ihm zu sein.
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Ich begegnete anderen Männern, auch wenn ich nicht auf der Suche war. Sie sprachen mit mir, vergangene Liebschaften telefonierten mit mir und ich unterhielt mich mit ihnen. Egal, wie gut ich jemanden fand, am Ende wollte ich immer nur, dass er es ist. Dass er auf mich wartet. Dass er sich gerade nicht in jemand anderen verliebt. Vor allem: Dass er mich so vermisst, wie ich ihn vermisse, egal mit wem ich gesprochen habe. Egal, wie viele Gläser Wein ich trank, egal wie viel oder ob ich lachte, egal wie lang ich schlief, egal, welches Lied ich hörte, egal ob ich im Urlaub war oder Zuhause, egal ob ich alleine war oder in Gesellschaft. Ich wartete darauf, dass der Schmerz nachließ. Bis ich erkannte: Ich kann mich ändern und ich sollte mich ändern. Nicht für ihn, aber das habe ich durch ihn gemerkt. Weil ich alle anderen Verluste an Vergangenheitsmenschen, die ich selbst verschuldet hatte, leichter wegstecken konnte, als seinen.
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Als es mir gelang und unsere vom Verdorren bedrohten Blumen wieder etwas Sonne und Wasser sahen, ging unser Lied wieder an, dort, wo es unterbrochen wurde. Es war unser Refrain. Wir stiegen in der schönsten Stelle des Liedes wieder ein. Mit doppelt so viel Leidenschaft. Wir konnten über die Wochen dazwischen reden, in denen wir dachten, es sei vorbei. Ich wollte mit niemandem lieber über die Stille und den Schmerz, die Zweifel und das Warten reden. Trotzdem hat die Zeit der Trennung dazu gehört, so wie die Strophen davor und danach. Und es hätte vorbei sein können. Niemanden hätte das überrascht. Jeder hätte damit gerechnet, es wäre vorbei gewesen. Sogar wir. Die Probleme haben uns nicht näher aneinander gebracht, sie haben uns nicht stärker gemacht, unsere Streits haben nix gefestigt, das wäre eine utopische Romantik, die nicht existiert. Aber die Zeit ohne einander hat uns am Ende wieder stärker zueinander geführt. Trotzdem wünschte ich, sie wären nicht da gewesen. Die Zweifel verbunden mit dem Druck zusammen mit Erwartungen und Vorstellungen. Wir haben nicht viel durchgemacht, wir haben uns kleinkriegen lassen, haben nicht genug Opfer gebracht, weil wir an unserer Individualität und an dem Freiraum festgehalten haben, statt an uns. Und das tut mir leid.
Ich dachte, es sei das Unromantischste, ein Akt aus der Verzweiflung. Aber jetzt glaube ich, dass es vielleicht der größte Beweis für Liebe ist. Es war nicht vorbei, es ist nicht vorbei. Wir sind nicht vorbei.
Als wir zusammen da saßen, ich viel redete und er viel zuhörte und er sagte: “Lass es uns nochmal versuchen.”, wusste ich direkt, was ich wollte. JA, verdammt! Ich will kein Feigling mehr sein, der sich einredet, stark zu sein. Ich will nicht mehr so tun als hätte ich keine Gefühle, nur weil sich das manchmal so unsterblich anfühlt.
Auf einmal entstand wieder eine merkwürdige Art der Hoffnung für einen anderen Ort, ein anderes Gefühl, weit weg von hier, aber immer nah bei ihm. Und dann ging es weiter. Die Geschichte hört nicht da auf, wo wir wieder anfingen. Wir stritten, vertrugen uns, aber wir haben uns immer geliebt. Wir waren von einer seltsamen Euphorie gepackt: Was machen wir jetzt? Jetzt, wo wir endlich wieder zusammen sind, wo wir uns endlich wieder Küsse auf den Mund drücken können, wir uns endlich wieder alles erzählen können und wir uns endlich wieder zum Lachen bringen können.
Wir machten alles, liefen Hand in Hand durch die Straße und niemals vorher war ich mir so sicher mit uns.
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