Es gibt so einige Gründe, warum sich Viele mit Annie aus dem Film Brautalarm identifizieren – und zwar nicht nur, weil sie urkomisch und ein kleines bisschen durchgeknallt ist. Wenn das eigene Leben stillzustehen scheint und du gleichzeitig miterlebst, wie deine beste Freundin einen neuen Lebensabschnitt beginnt, ist das nicht leicht. Und Annie ist dafür das beste Beispiel.
Manche Menschen blühen in so einer Zeit richtig auf, andere verbittern Stück für Stück, weil sie das Gefühl haben, in ihrem eigenen Leben nur eine Nebenrolle zu spielen. Was Annie angeht: Sie explodiert irgendwann einfach, weil sich so viele Emotionen bei ihr angestaut haben, und zerstört einen gigantischen Cookie auf der Verlobungsparty ihrer besten Freundin Lillian. „Warum kannst du nicht einfach für mich glücklich sein?!”, schreit Lillian. Das ist eine gute Frage, die sich aber gar nicht mal so einfach beantworten lässt.
WerbungWERBUNG
Selbst, wenn du dich aufrichtig für deine Freund*innen freust, ist es ganz normal, ab und zu Neid, Verbitterung oder Wut zu spüren, so Dr. Andrea Bonior. Die klinische Psychologin, die sich auf Freundschaften und Beziehungen spezialisiert hat und das Buch The Friendship Fix geschrieben hat, erklärt: „Um uns selbst zu verstehen, vergleichen wir uns oft mit anderen. Wir nehmen sie als Maßstab und manchmal schneiden wir dann eben schlechter ab”. Die negativen Gefühle können auf manche besorgniserregend wirken – sie fühlen sich dann schuldig, weil sie ihre Freund*in nicht zu 100 Prozent unterstützen.
Vielleicht würdest du an Annies Stelle aber auch ganz anders reagieren. Vielleicht würdest du versuchen, dich selbst davon zu überzeugen, dass du das, was Lillian hat, gar nicht willst – nur, damit du dich besser fühlst. Du denkst dann: „Auf keinen Fall will ich eine von diesen super langweiligen, spießigen verheirateten Frauen werden, die nur noch für ihre Kinder und ihren Ehemann leben“. Oder: „Ich möchte niemals so besessen von meinem Job sein wie meine Freundin“.
Es ist ein natürlicher Bewältigungsmechanismus, sich selbst auf das Level der Freunde zu heben oder aber die persönlichen Meilensteine der Freunde gedanklich runterzuspielen, so Dr. Bonior. „Dadurch wirkt ihr Erfolg nicht mehr so attraktiv und erstrebenswert auf uns“.
Annie bauscht dagegen den Erfolg ihrer Freundin in ihrem Kopf sogar noch künstlich auf, was sie natürlich noch deprimierter macht. Menschen wie Annie denken oft, andere hätten ein perfektes Leben. Sie fühlen sich unfair behandelt. „Auch das ist eine natürliche Reaktion”, versichert uns Dr. Bonior. „Wichtig ist es nur, die eigenen Gefühle zu beobachten. Wenn sie zum Problem werden, dann solltest du dir Gedanken machen, wie du mit ihnen umgehen könntest“.
WerbungWERBUNG
Wenn Freunde an verschiedenen Punkten in ihrem Leben stehen, kann das für Konflikte sorgen – einfach, weil es manchen Menschen schwerfällt, darüber zu reden, so Dr. Bonior. „Ich denke viele Freundschaften gehen in solchen Momenten kaputt, weil wir davon ausgehen, wir müssten immer auf dem gleichen Level sein. Das ist aber nicht immer der Fall und das müssen wir akzeptieren”. In der Realität können persönliche Meilensteine wie eine Hochzeit oder die Geburt eines Kindes eine Freundschaft auf die harte Probe stellen. Es liegt dann an euch, eure Freundschaft neu zu definieren. Dr. Bonior rät, sich gemeinsam zu überlegen, wie die gemeinsame Zukunft aussehen könnte. Vielleicht fangt ihr damit an, regelmäßig abends per Whatsapp über euren Tag zu schreiben, wenn ihr es zeitlich nicht mehr schafft, euch persönlich zu treffen? Vielleicht schaut auch einfach nur jede für sie eine Serie an und sprecht dann anschließend darüber am Telefon? Letzteres ist zum Beispiel eine ganz gute Idee, wenn ihr nicht nur ein Zeitproblem habt, sondern auch das Gefühl, weniger Gemeinsamkeiten als früher zu haben.
„Es geht darum, die eigene Erwartungshaltung anzupassen. Und manchmal müssen wir akzeptieren, dass es Freundschaften gibt, die nicht für die Ewigkeit gemacht sind – weil sich die Rahmenbedingungen zum Beispiel zu sehr verändert haben und es ein zu großer logistischer Aufwand wäre“.
Dr. Bill Rawlins, ein Professor für zwischenmenschliche Kommunikation an der Ohio University, der sich insbesondere mit Freundschaften beschäftigt, sagt, es gibt drei Arten von Freundschaften. Wenn du dir das bewusst machst, hilft es dir vielleicht, realistische Erwartungen zu entwickeln. Aktive Freundschaften zeichnen sich durch regelmäßige Treffen und viele Gespräche aus. Bei einer schlafenden Freundschaft seht ihr euch zwar nicht mehr so oft, doch wenn es hart auf hart kommt, seid ihr füreinander da. Und dann gibt es noch erinnernde Freundschaften, die für einen bestimmten Abschnitt deines Lebens stehen.
WerbungWERBUNG
„Im Laufe unseres Lebens kann es immer schwerer werden, Freundschaften aufrecht zu erhalten. Aber diese drei Kategorien können dir dabei helfen”. Wir haben dieses Traumbild einer perfekten Freundschaft im Kopf, aber manchmal kommt eben etwas dazwischen – das Leben. Doch: „Jeder Moment bringt eine Chance auf Veränderung mit sich“, so Dr. Rawlins.
Wenn du das Gefühl hast, dein*e Freund*in zu verlieren, dann sag es ihr*im! Falls du nicht so richtig weißt, wie du das am besten anstellst, dann fang doch einfach so an: „Ich will ehrlich mit dir sein: Ich vermisse dich wirklich sehr! Ich weiß, du hast gerade erst ein Kind bekommen, aber ich möchte auch weiter ein Teil deines Lebens sein und ich hoffe, wir finden einen Weg wie wir unsere Freundschaft aufrechterhalten können“. Auch, wenn es dir vielleicht schwerfällt, das Thema anzusprechen, kann dieser Moment zum persönlichen Wachstum von euch beiden beitragen, so Dr. Bonior.
Gleichzeitig solltest du herausfinden, ob der Meilenstein deiner Freundin bzw. deines Freundes bei dir einen empfindlichen Nervt trifft. Warum reagierst du so sensibel darauf? Geht es um ein Thema, mit dem du dich selbst Mal auseinandersetzen solltest? Ein Beispiel: Wenn deine Freundin bald heiratet, du aber seit Ewigkeiten kein erfolgreiches Date mehr hattest, dann könntest du überlegen, eine Dating-App zu benutzen. Vielen Menschen geht es besser, wenn sie einen Plan haben.
Ganz gleich, ob du die Annie oder die Lillian eurer Freundschaft bist: Veränderungen in der Art und Weise eurer Beziehung können eine Chance für dich darstellen – eine Chance, Verantwortung für dein eigenes Leben zu übernehmen und selbstständiger zu werden, ermutigt Dr. Bonior. „Wenn du das Gefühl hast, auf der Zielgerade oder zumindest auf dem richtigen Weg zu sein, dann zerfließt du höchstwahrscheinlich auch nicht in Selbstmitleid, wenn jemand anderes seine Ziele schon erreicht hat“.