Manchmal ist man einfach nicht in der Stimmung für Sex. Und das ist auch okay so. Blöd nur, wenn der oder die Partner*in gerade völlig wuschig neben dir sitzt.
Wie aber sagt man das seinem Gegenüber, ohne es vor den Kopf zu stoßen? Laut einer Studie, die im Journal of Social and Personal Relationships veröffentlicht wurde, schadet es einer Beziehung nicht, wenn eine*r der beiden ab und an mal sagt, dass er oder sie gerade keine Lust auf Sex hat. Nur sollte in intimen Momenten, je nach eigener Einschätzung, etwas Feingefühl an den Tag gelegt werden.
642 Erwachsene nahmen an der in Kanada durchgeführten Studie teil. Das Ergebnis: Ein Großteil der Leute wünscht sich, dass ihr*e Partner*in ihnen ehrlich sagt, wenn er oder sie keine Lust auf Sex hat, anstatt Sex zu haben, den er oder sie nicht will. Sie wünschen sich aber auch, dass ihr Gegenüber seine Absage zusammen mit einer Bestätigung ausspricht: „Ich fühle mich immer noch zu dir hingezogen und würde auch gerne bald wieder mit dir schlafen, aber ich habe jetzt im Moment keine Lust auf Sex“, zum Beispiel.
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James Kim von der Universität Toronto, der die Studie mitkonzipiert hat, erklärt: „Das Thema war für uns spannend, weil es sehr häufig Phasen in Beziehungen gibt, in denen eine*r der Partner*innen weniger Lust auf Sex hat als der oder die andere. Mit diesem Ungleichgewicht umzugehen, ist nicht einfach. Viele Menschen wissen einfach nicht, wie sie sich während solcher Phasen verhalten sollen, um ihre Beziehung und ihr gemeinsames Sexualleben nicht zu gefährden.“
Es überrascht wenig, dass die Befragten sich am wohlsten fühlen, wenn ihr*e Partner*in ihre Annäherungsversuche freudig erwidert, und am unwohlsten, wenn sie damit auf Kritik und Frustration bei ihrem Gegenüber treffen. Interessanterweise kann jedoch Sex, der nicht aus Lust stattfindet, sondern die Vermeidung von Konflikten zum Ziel hat, der Beziehung weit mehr Schaden zufügen. Besonders in langen Beziehungen ist es deshalb gesünder, dem oder der anderen auch mal einen Korb zu geben – wenn man ihn positiv verpackt. „Wenn jemand nicht in der Stimmung für Sex ist, sich aber trotzdem darauf einlässt, um seine Partnerin oder seinen Partner nicht zu verletzen oder keinen Streit anzuzetteln, führt das zu unterschwelligen Konflikten. Man sollte sich deshalb trauen, nein zu sagen, ohne damit jedoch zu vermitteln, dass das Begehren oder die Lust allgemein verflogen ist“, sagen die Forscher*innen.
Die 28 Jahre alte Talia führt als einen der Hauptgründe dafür, dass ihre langjährige Beziehung auseinandergegangen ist, an, dass sie einfach keine Lust mehr hatte mit ihrem damaligen Freund zu schlafen und nicht ehrlich mit ihm darüber gesprochen hat. Heute ist ihr bewusst, dass es falsch von ihr war, seine Annäherungsversuche immer wieder mit Ausreden abzuwehren. „Ich habe ihm oft gesagt, dass ich Bauch- oder Kopfschmerzen hätte oder mich nicht so danach fühle. Oder dass ich müde sei und lieber am nächsten Morgen mit ihm schlafen würde. Als ob Sex mit ihm eine schreckliche Qual sei, die ich über mich ergehen lassen müsste. Dabei habe ich mich nach ein paar Jahren körperlich einfach nicht mehr zu ihm hingezogen gefühlt. Er hat das wahrscheinlich gespürt und meine faulen Ausreden haben es nicht besser gemacht.“
Aber es geht auch andersrum: Die 25jährige Naomi und hat einige Male einen Korb von ihrem Partner bekommen, als sie den ersten Schritt gemacht hat. Obwohl das schon Jahre zurückliegt, hat es ihr sexuelles Selbstbewusstsein über lange Zeit stark beeinflusst. „Das ist einige Male passiert, als ich noch in der Uni war.“ Da die beiden eine Fernbeziehung geführt haben, war er teilweise fünf Stunden unterwegs, um sie nach einem Arbeitstag zu sehen. Wenn sie dann abends einen Annäherungsversuch machte, sagte er ihr oft, er sei nach der langen Reise zu müde. „Ich wurde sehr unsicher und habe mich nicht mehr getraut, den ersten Schritt zu machen. Die Zurückweisung war nicht leicht zu ertragen, selbst wenn es dafür plausible Gründe gab. Mit der Zeit habe ich mich sexuell total zurückgezogen. Wir blieben jedoch zusammen und sind sogar in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Nach einer Weile hat er meine Zurückhaltung angesprochen. Ich habe ihm dann erzählt, wie am Boden zerstört ich damals war, als er zu müde war, um auf mich einzugehen. Heute lachen wir drüber, aber damals war es wahnsinnig frustrierend für mich.“
Der Schlüssel lautet also auch in dieser verzwickten Situation: Kommunikation ist das A und O, und sensible Formulierungen können auch nie schaden.
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