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Mein Exfreund versuchte mich online zu cockblocken

Foto: Beth Sacca.
Mein Handy leuchtet auf. Das Telefon vibriert nicht, sodass ich gar nicht hinsehen muss, um zu wissen, dass es sich um eine Benachrichtigung von Instagram handelt. Ich tue so, als hätte ich sie gar nicht bemerkt und konzentriere mich noch stärker aufs Fernsehprogramm. Das Spiel ist bekannt: So tun, als ob ich nicht emotional abhängig von diesem kleinen, blöden iPhone wäre. So tun, als ob das Aufleuchten in meinem Augenwinkel nicht stärker ist als ich. Was soll ich sagen? Ich lebe noch und so steht es aktuell 1.723 zu 0 im Spiel Social Media gegen Jazmin.
Ich nehme also mein Telefon und habe schon einige Szenarios im Kopf durchgespielt: Entweder wurde ich von einem weiteren #gymspiration-Account abonniert (Ich gehe nie ins Fitnessstudio, herzlichen Dank) oder eine*r meiner Freund*innen hat mir eine DM mit einem Meme als Anspielung auf meinen krassen Kater geschickt. (Ich bin tatsächlich ausgesprochen verkatert.) Beides würde mich nicht vom Hocker hauen, wissen will ich es aber natürlich trotzdem. Was mich erwartet, ist jedoch folgendes:
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„[Ex-Freund] hat kommentiert: ?“
„Ist das sein Ernst?“ ist meine undankbare Reaktion darauf.
Ich würde es auf meinen Kater schieben, aber ich bin tatsächlich genervt. Und zwar, weil seine halb hingerotzten Kommentare unter jedem meiner Posts so sicher kommen wie das Amen in der Kirche. Dabei habe ich ihn seit über sechs Monaten nicht mehr gesehen. Für mich eine unglaubliche Leistung, weil ich vor nicht allzu langer Zeit noch die Art von Frau war, die zwar ihren Freund*innen ständig versichert, jetzt echt über den Typen hinweg zu sein und nie wieder was mit ihm anzufangen, ich ihn aber gleichzeitig morgens um vier sternhagelvoll siebzehn Mal hintereinander anrufen würde. Weil ich sowas von nicht über ihn hinweg war.
In den letzten sechs Monaten hatten mein Ex und ich jedoch die Turbulenzen, die Paare eben so nach einer Trennung haben, ad acta gelegt und schipperten einem angemessen ruhigen Wellengang entgegen. Dachte ich zumindest. Ich entfolgte ihm auf Social Media und wir verhielten uns endlich so, als wären wir getrennt. Und ich definierte meinen Beziehungsstatus als das, was ich war: single. So war es nur der natürliche Lauf der Dinge, dass ich irgendwann auch wieder anfing, mich für andere Männer zu interessieren. Wie das heute so ist, natürlich auch über Social Media. Meine Pärchenfreund*innen fingen an, Witze darüber zu machen, wie ich auf einmal „den Single-Lifestyle“ lebte. Dass das der Fall war, schlossen sie aus meinem Instagram-Profil. Ertappt lachte ich ihre Kommentare weg und war gleichzeitig froh, dass ich meine neue Identität auslebte, und genervt, dass sie das zu unterhalten schien.
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Aber es war nicht zu leugnen: Nach meiner Trennung postete ich mehr Selfies, als ich es während meiner Beziehung jemals getan hatte. Ich scheute mich auch nicht vor Foto-Klassikern wie „Schau mich an, wie ich in einem sexy Kleid am Türrahmen meines WG-Zimmers pose, während ich mit einem Glas Wein in der Hand vorglühe.“ Kurzum: Single-Jazmin war am Start und den Typen, mit denen ich mir DMs hin- und herschrieb, schien das zu gefallen. Klar passierte nicht viel mehr als ein kleiner Flirt hier und da in den Kommentaren, aber das war genau die Menge an Aufmerksamkeit, die mein neues, ein wenig bedürftiges Single-Ich brauchte. Blöderweise blieb mein Verhalten jedoch auch meinem Ex nicht verborgen. Und er entschloss sich, beherzt einzugreifen.
Keine Ahnung, ob es an den „Ich bin drüber hinweg“-Vibes der Fotos lag, aber irgendwas an meinem Profil veranlasste ihn dazu, ebenfalls seine Abdrücke auf meinem Profil zu hinterlassen. Und zwar nicht nur für mich, sondern wie es schien auch für die Typen, mit denen ich Kontakt hatte. Es hatte nichts damit zu tun, dass er mich warmhalten wollte und ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht daran interessiert war, es nochmal mit mir zu versuchen (denn: Meine betrunkenen Anrufe hatte er schlichtweg ignoriert). Er war einfach auf eine komische Art und Weise präsent, die irgendwie die Grenze zwischen unheilvoll und lachhaft verwischte.
Zunächst machte ich mir keine große Gedanken darüber. Ich redete mir sogar ein, dass es doch nett sei, dass jemand, mit dem ich mal zusammen war, mittlerweile so okay mit der Situation war, dass er ab und an mal vorbeischaute. Aber so war es nicht. Neben den zugegebenermaßen manchmal eher uninspirierten Kommentaren der neuen Typen („Du siehst hot aus, Babe“ oder „Ist das für mich und darf ich es auspacken? ?“) fand ich nun auch wieder welche von meinem Ex. Sein Name tauchte plötzlich unter wochenalten Fotos auf und es dauerte nicht lange, bis er immer der Erste war, der jedes einzelne Bild von mir likte. Ich merkte das, meine Freund*innen merkten das und die anderen Männer merkten das auch. Wann immer jemand fragte, ob der dieser omnipräsente Typ auf Instagram mein Freund sei, musste ich Nein sagen. Wobei es sich bei jedem Mal, das ich es sagte, unglaubwürdiger anhörte.
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Er schrieb Sachen wie „Dein Pony ist zurück ?“ oder „Lol, erinnerst du dich noch an das eine Mal, als wir bei [Name des Restaurants] waren?“ oder „Siehst immer noch gut aus, [Kosename]“. Mich machte das einfach nur nervös und so hörte ich auf, auf Kommentare zu antworten, damit er nicht sehen würde, dass ich seine gesehen hatte. Ich schrieb weniger mit anderen Typen und ich hörte auf, Bilder von mir selbst zu posten. Er machte meinen Account zu seinem Gebiet und stellte sicher, dass auch alle anderen wussten, wessen Gebiet das hier war. Ich kann es nicht anders sagen: Mein Ex cockblockte mich. Aber, Moment mal, online?!
Es war eine dieser Sachen, die, wenn du sie erstmal bemerkt hast, nicht mehr in Vergessenheit gerät. Zumal sie so ein Mindfuck war. Das Social-Media-Stalking meines Ex wurde nicht von Nachrichten, Anrufen oder gar Lunch-Dates begleitet. Es fand ausschließlich in öffentlichen Kanälen statt, als würde er der Welt zurufen wollen: „HALLO, NUR DAMIT IHR ES ALLE WISST, ICH BIN IMMER NOCH EIN TEIL VON JAZMINS LEBEN UND DESWEGEN KANN KEINER VON EUCH SIE HABEN!“
Eine*n Ex-Partner*in digital zu cockblocken, passiert wohl schneller, als man denkt. Auch ich habe schon mal das Foto eines anderen Ex gelikt und wusste gar nicht so genau, was ich mir davon eigentlich erhoffte. Wenn man frisch von jemandem getrennt ist, ist wohl das Letzte, was man will, sich vorzustellen, wie die oder der ehemalige Partner*in sich mit anderen trifft. Anstatt ihnen aber hinterherzuschleichen und heimlich ihre Dates zu sabotieren, hängt man halt auf ihrem Social-Media-Account ab und markiert hier das Revier. So erspart man sich nicht nur die Anzeige wegen Stalking, sondern wirkt auch nur halb so verrückt. Jedenfalls in der Theorie. In der Realität ist beides ungefähr gleich bescheuert und nervig. Eine Freundin beichtete mir, dass sie das selbe gemacht hatte wie mein Ex, als sie merkte, dass ihrer wohl schon über die Trennung hinweg war. Damit wollte sie bezwecken, dass er single bleibt, bis auch sie komplett mit der Beziehung abgeschlossen hatte. Das ist weder gesund, noch ist es der oder dem Ex gegenüber besonders fair. Passieren tut es trotzdem.
Trotzdem bleibt eine Tatsache bestehen: So nervig und unnötig digitales Cockblocking auch sein mag, es ist nur bis zu einem bestimmten Maße effektiv. Das liegt daran, dass unsere Leben auch offline weitergehen. Und mit Leuten im richtigen Leben zu flirten ist tatsächlich auch immer noch etwas, das Menschen tun. Und dennoch ist es blöd, einen Social-Media-Sexsaboteur abwehren zu müssen.
Die Lösung für Menschen, die online gecockblockt werden, ist dann aber erstaunlich einfach. Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen sollte, aber irgendwann suchte ich einfach nach dem Namen meines Exes und klickte auf „Blockieren“. Das Gefühl, ihn und seine Kommentare von nun an los zu sein, war nicht nur befreiend, die ganze Story lehrte mich auch eine wichtige Lektion: Manche Türen muss man einfach komplett hinter sich zumachen, um andere öffnen zu können.
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