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4 queere Femmes sprechen über weibliche Schönheit & Femininität

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Photo: Ellen Pearson for Ladybeard
Die Beziehung zwischen der LGBTQ+ Community und der Weiblichkeit ist kompliziert. Genau wie in der heterosexuell geprägten Welt, in der wir leben, wird Weiblichkeit auch innerhalb der LGBTQ+ Community sowohl unterbewusst als auch ganz offen als weniger wertvoll als Männlichkeit angesehen. Weiblichkeit wird demnach häufig mit Schwäche verwechselt und als oberflächlich abgetan. Eine feminine Person kann unmöglich sie selbst sein, sie ist vielmehr eine Projektion des heterosexuellen, männlichen Geschmacks. Um einem männlichen „Publikum“ zu gefallen, legt die weibliche Frau deshalb eine Art „Auftritt“ hin. Weiblichkeit so zu betrachten, führt unter anderem dazu, dass feminine, queere Frauen und Femmes innerhalb der Gesellschaft quasi unsichtbar sind. Folgt man der Argumentation, verkleiden sich nämlich Frauen, die weiblich aussehen, um Männern zu gefallen. So existieren homosexuelle Frauen, die sich weiblich kleiden und geben – so wie ich –, in der Theorie ganz einfach gar nicht.
Die Bezeichnung ‚Femme’, die genau diese lesbische sexuelle Identität beschreibt, wurde eingeführt, um sich von ihrem Gegenstück, der nach Gendernormen eher maskulin wirkenden ‚Butch’, abzugrenzen. Es geht hier also vor allem um Sichtbarkeit. Seinen Ursprung hat der Begriff der Femme in der lesbischen Barszene der Fünfzigerjahre, in der Frauen ihr Verlangen nach anderen Frauen deutlich ausdrücken konnten, ohne dabei ihre Weiblichkeit leugnen zu müssen. Hier war es möglich, stereotype weibliche Dinge wie Lippenstift oder Kleider zu tragen, ohne entweder als unweiblich oder etwa nicht gay genug zu gelten. Diese lesbische sexuelle Identität wurde bewusst eingesetzt, um deutlich zu machen, dass Weiblichkeit und Homosexualität sich keinesfalls ausschließen, sondern ganz im Gegenteil maßgeblich dazu beitragen, wen man selbst begehrt und von wem man begehrt wird.
Was das klassische Verständnis von Geschlecht und Sexualität angeht, ist seit den Fünfzigerjahren zum Glück auch außerhalb der Barkultur gesellschaftlich einiges passiert. Das hat auch dazu geführt, dass der Begriff Femme inhaltlich erweitert wurde. So ist er nicht mehr nur für lesbische und bisexuelle Frauen reserviert, sondern wird als Beschreibung von einer Reihe von Menschen innerhalb der LGBTQ+ Community, wie Transfrauen oder homosexuellen Männern, genutzt. In gewisser Weise kann das als Fortschritt gewertet werden, als ein Zeichen dafür, dass die Weiblichkeit in der Community ihren Stellenwert verbessert. Tatsächlich ist es aber so, dass das Konzept von Weiblichkeit vielerorts weiterhin als nicht ausreichend queer angesehen wird. Wer sich nicht explizit von heteronormativen, patriarchalen Standards abgrenzt, ist nicht queer genug. Einige meiner Freundinnen wurden offen dafür angegangen, dass sie sich nicht die Haare kurz schneiden wollten, mir selbst wurde gesagt, dass ich mit langen Fingernägeln keine „richtige Lesbe“ sei. Diese hetero-patriarchale Altlast existiert also weiterhin, auch in der LGTBQ+ Community. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man in Grindr-Profilen Sachen wie „no fats, no femmes“ liest, lesbische Frauen in Gay Bars als ‚Fag Hags’, also als Frauen, die sich am liebsten mit schwulen Männern umgeben, bezeichnet werden, oder Transfrauen bezichtigt werden, sie würden Weiblichkeit nachäffen.
In gewisser Weise ist femme zu sein also ein Protest. Es bedeutet, im Widerspruch zu geltenden Standards und Anforderungen zu stehen.
Ich habe vier sehr unterschiedliche Femmes interviewt. Die Bandbreite ihrer Antworten zeigt, wie komplex und gleichzeitig ermächtigend es heutzutage ist, Teil der LGBTQ+ Community und weiblich zu sein.
Dieser Artikel erschien zuerst im Beauty Issue des Ladybeard Magazine, einem britischen, feministischen Printmagazin. Das Magazin soll ein Ort sein, an dem offen über Geschlecht, Sexualität und Identität diskutiert werden kann. Aus der Perspektive eines traditionellen Hochglanzmagazins heraus sollen diese Themen spielerisch angegangen werden, ohne dabei Bedingungen oder Grenzen festzulegen.
Die letzte Ausgabe, das Beauty Issue, behandelt, wie wir dem Schönheitsbegriff unserer Kultur entsprechen, oder eben auch nicht. Das Magazin reist durch die Zeit und um die Welt, um herauszufinden, wer eigentlich die gängigen Schönheitsideale in einer Gesellschaft diktiert und was das über herrschende Machtverhältnisse aussagt. Mit dieser Ausgabe soll das Ideal durchbrochen werden.
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