Seit seinen Anfangszeiten hat sich das Online-Dating enorm weiterentwickelt. In vielen Apps kannst du dir deine eigene sexuelle Orientierung jetzt aus einer langen Liste an Optionen aussuchen. Abgesehen von vertrauten Begriffen – wie hetero-, homo- oder bisexuell – liest du dort auch weniger Bekanntes, wie „sapiosexuell“.
Aber was genau ist denn Sapiosexualität? Dazu findest du online diverse Definitionen. Die Dating-Plattform OKCupid erklärt, sapiosexuell sei, „wer Intelligenz als die sexuell attraktivste Eigenschaft empfindet“ und „wer sich zu Intelligenz und ihrer Anwendung hingezogen oder davon erregt fühlt“. Oder um es in anderen Worten zu sagen: Sapiosexualität bedeutet, auf kluge Menschen zu stehen – oder zumindest auf klügere Menschen.
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Auch die Sextherapeutin Courtney Geter sieht das so. Sie betont aber, dass es variieren kann, was genau sapiosexuelle Menschen attraktiv oder erregend finden. „Manche brauchen dazu nur ein gewisses Maß an Intelligenz ihres Gegenübers; andere finden es anziehend, wenn das Gegenüber genauso intelligent ist wie sie selbst.“
Woher weiß ich, dass ich sapiosexuell bin?
Geter zufolge ist das recht simpel: Wenn du sapiosexuell bist, ist dir das Hirn wichtiger als die Muskeln bzw. die Schönheit. Wenn dich Intelligenz antörnt oder du dich zu Menschen mit guten Konversationsfähigkeiten hingezogen fühlst – und nicht zu denen, die „bloß“ gut aussehen –, bist du vermutlich sapiosexuell. Das heißt nicht, dass dir das Aussehen völlig egal sei, betont sie. Vermutlich fühlst du dich bloß mehr zu jemandem hingezogen, der oder die dich intellektuell stimulieren kann, als zu jemandem, der oder das nicht schafft (obwohl das vielleicht für die meisten, wenn nicht sogar alle Menschen gilt).
Die Frage ist: Ist „sapiosexuell“ denn dann überhaupt eine legitime sexuelle Orientierung? Ist das etwas anderes, als wenn du dich schlichtweg zu einer Person hingezogen fühlst, die mit dir ein kluges Gespräch über Bücher oder Kunst führen kann? Geter findet schon. Ihr zufolge wissen viele Leute Intelligenz zwar zu schätzen – doch fühlen sich Sapiosexuelle sexuell davon erregt. Laut Dr. Debra Herbenick, einer Sexualitätsforscherin und Professorin an der Indiana University, „beschreiben sich Menschen auf viele verschiedene Weise selbst, und ‚sapiosexuell‘ ist sicherlich eine Art, die eigenen Vorlieben in Worte zu fassen.“
Anhand ihrer eigenen Erfahrung und Untersuchungen betrachtet Geter Sapiosexualität dennoch nicht als eine eigenständige sexuelle Orientierung. „Es ist schwer, das als eigene Kategorie zu betrachten, weil quasi jede:r – unabhängig von der jeweiligen Identität oder sexuellen Orientierung – von Intelligenz erregt werden kann“, sagt sie. Stattdessen beschreibt sie es eher als eine sexuelle Vorliebe; so ähnlich, wie du vielleicht auf dunkle Haare oder einen bestimmten Körperbau stehst. Natürlich musst du dich auch nicht selbst als sapiosexuell identifizieren, bloß weil du die Intelligenz deiner Sexualpartner:innen schätzt. Es kann dir dennoch dabei helfen festzulegen, was genau du attraktiv findest.
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„Dich selbst zu verstehen und zu wissen, was dich antörnt, was dein Interesse erweckt und worauf du niemals verzichten möchtest, ist wichtig für den Dating-Prozess und die Partner:innenwahl“, meint Geter.
Aber Achtung: Es kann elitär oder sogar sexistisch wirken, potenziellen Partner:innen zu erklären, du seist sapiosexuell – und das oft auch zurecht. Immerhin ist Intelligenz etwas ganz Subjektives. Wir werden uns beispielsweise nie alle darin einig sein, was als intellektueller Zeitvertreib gilt (wer hat behauptet, es ließe sich keine stimulierende Debatte über das Real-Housewives-Franchise führen?), und was als „anspruchsvoll“ gilt, ist leider weiterhin oft sehr männlich bestimmt.
Natürlich ist es nicht automatisch elitär, einfach auszudrücken, dass du Intelligenz attraktiv findest. Wie bei allen (sexuellen) Vorlieben sollte daher auch hier jeder Fall für sich interpretiert werden. „Wenn dir jemand sagt, er oder sie sei sapiosexuell, dann würdige erstmal die Fähigkeit dieser Person, die eigene Identität zu verstehen und zu definieren“, empfiehlt Dr. Herbenick.
Es ist aber genauso wichtig, Arroganz nicht einfach hinzunehmen. Obwohl es natürlich gut ist, demgegenüber offen zu sein, wie sich jemand identifiziert, solltest du deinen Selbstrespekt dabei nicht aus den Augen verlieren. Es ist okay, wenn dich ein überhebliches Auftreten abtörnt oder sogar beleidigt. Denn man ehrlich: Versnobtheit ist nie sexy.
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