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Er spuckte mich an, schlug & würgte mich: Mein Freund missbrauchte mich beim Sex

Foto: Eylul Aslan
Achtung: Einige Details, die hier beschrieben werden, könnten auf manche Leser*innen verstörend wirken.
Ich liebte meinen Ex-Freund. Meine Familie mochte ihn. Er kaufte mir ständig Blumen und sagte mir immer wieder, wie sehr er mich liebt. Und als ich mir keine eigene Wohnung leisten konnte, bot er mir an, bei ihm zu wohnen. In vielerlei Hinsicht war ich also sehr glücklich mit ihm – zumindest solange, bis er mir beim Sex eine komplett andere Seite von ihm offenbarte. Von da an änderten sich meine Gefühle ihm gegenüber schlagartig.
Wir waren bereits ein paar Monate zusammen, als er anfing, im Bett immer aggressiver zu werden. Und nur fürs Verständnis: Ich rede nicht einfach nur von hartem Sex. Nein, er gab mir Ohrfeigen, würgte mich, bis ich keine Luft mehr bekam, spuckte mich an und nannte mich eine Schlampe. Der Mann, den ich liebte, geilte sich daran auf, mich zu erniedrigen und zu verletzen.
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Der Sex mit ihm spielte sich oft ähnlich ab: Wir küssten einander und zogen uns aus, und dann kam der “Dirty Talk“. Er nannte mich eine Hure und eine Schlampe und fragte mich, ob ich “ein braves Mädchen“ gewesen sei und meine Beine geschlossen gehalten hätte, während er weg war. Je länger der Sex dauerte, desto öfter schlug er mir ins Gesicht und spuckte mir in den Mund. Manchmal würgte er mich so lange, bis ich nur noch nach Luft schnappen konnte. Anfangs war ich so schockiert und eingeschüchtert von seinem neuen Verhalten, dass ich nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte. Irgendwann sagte ich ihm, dass er aufhören sollte, mich zu würgen und mich so zu behandeln, aber er das tat er nicht – egal wie oft ich auch Nein sagte. Er meinte immer zu mir, das mache ihn nun einmal an und es wäre ja keine große Sache.
Ich weiß, was du jetzt denkst: Wenn du nicht glücklich warst, warum bist du denn dann noch bei ihm geblieben? Hättest du doch einfach Schluss gemacht. Wenn meine Freund*innen in so einer Situation stecken würden, hätte ich ihnen dasselbe gesagt. Aber Tatsache ist: Erst wenn du selbst in dieser Situation bist, wird dir klar, wie schwer es ist, jemandem den Rücken zu kehren, den du liebst und mit dem du zusammen sein willst. Außerdem hatte ich im Laufe der Beziehung mein Selbstbewusstsein verloren. Ich glaubte, wenn ich mit ihm zusammen bleiben wollte, müsste ich das über mich ergehen lassen. Dieses Opfer musste ich für das Wohl unserer Beziehung nun einmal bringen.
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Ich hatte mich irgendwann damit abgefunden, dass unser Sexleben so war, das hieß aber nicht, dass ich nicht jedesmal Angst davor hatte, mit ihm zu schlafen. Und doch erzählte ich niemandem davon. Mir war es peinlich, wie er mich behandelte, und ich hatte Angst, dass mich jemand als “prüde“ abstempeln würde, weil mir diese Art von Sex nicht gefiel. Außerdem war mein Verstand wirklich gut darin jede Spur von Zweifel an meinem Freund im Keim zu ersticken – denn ich war Hals über Kopf in ihn verliebt.
Dass mein Ex-Freund so aggressiv beim Sex war, könnte unter anderem daran liegen, dass er süchtig nach gewalttätigen Pornos war, in denen Frauen erniedrigt wurden. Er schaute sie sich täglich an – auch neben mir im Bett, wenn er dachte, dass ich schlafe. Eines Tages schaute ich mir seinen Browserverlauf durch, und die Pornos, die dort aufgelistet waren, zeigten zum großen Teil schreckliche Vergewaltigungsszenen oder Frauen beim Gang-Bang, wie sie dabei von Männern gewürgt wurden. Wenn wir Sex hatten, hatte er auch nur Orgasmen, wenn er masturbierte; er kam nie durch den Akt an sich, sondern saß zum Schluss neben mir und holte sich einen runter, während ich seine Füße küssen oder seine Beine streicheln sollte. Manchmal versuchte er mich zum Oralsex zu zwingen, indem er meinen Kopf nach unten drückte, und wenn ich mich weigerte, sagte er, ich sei einfach nicht pervers genug.
Nachdem ich mir monatelang anhören musste, ich wäre prüde, langweilig und nicht unterwürfig genug, nur weil mir sein Verhalten beim Sex Sorgen machte, fing ich an ihm zu glauben. Erst nach der Trennung wurde mir klar, dass das alles nicht stimmte. Er beendete die Sache (per E-Mail, möchte ich hinzufügen) nach einem Jahr und sagte, dass wir nicht langfristig miteinander auskommen könnten. Ich war am Boden zerstört. Und ehrlich gesagt, bin ich auch immer noch nicht komplett über ihn hinweg, was ich frustrierend finde. Aber gleichzeitig war ich auch erleichtert darüber, dass ich nie wieder Sex mit ihm haben musste oder mich schrecklich fühlen musste, weil ich ihm nicht erlaubte, mir in den Mund zu spucken, während er mich eine Hure nannte.
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Erst im Nachhinein und durch Gespräche mit meiner Familie und meinen Freund*innen erkannte ich, dass ich nicht der Sündenbock in dieser Geschichte war. Ich bin eine 27-jährige Frau, und ich darf sagen, was mir im Bett gefällt und was eben nicht. Niemand darf dich herabwürdigen, erniedrigen und als Hure bezeichnen, wenn du damit nicht einverstanden bist. Damit das klar ist: Ich bin für sexuelle Freizügigkeit. Jede*r sollte seine oder ihre sexuellen Vorlieben erforschen, aber nicht auf Kosten des Wohlbefindens, des Vertrauens und der Würde einer anderen Person.
Ich bin hauptsächlich aus Liebe bei meinem Ex geblieben. Ich vertraute ihm und er brachte mich zum Lachen. Aber auch meine Finanzen spielten eine große Rolle. Die Praktika, die ich bei verschiedenen Zeitschriften machte, zahlten einfach nicht genug, damit ich mir meinen Lebensunterhalt leisten konnte. Als mein Ex mich nach nur zwei Monaten fragte, ob ich mietfrei bei ihm wohnen wolle, kam mir das sehr gelegen. Ich dachte, so könnte ich freiberuflich arbeiten und musste mir keine Sorgen um meine Finanzen machen. Doch selbst als ich zu ihm zog, reichte mein Geld kaum um über die Runden zu kommen – sparen war logischerweise überhaupt nicht drin. Ich wusste, wenn wir uns trennen würden, müsste ich wieder zu meinen Eltern ziehen, da ich die Miete für eine Wohnung nicht aufbringen konnte. Diese Art von finanzieller Abhängigkeit ist der Grund dafür, dass viele Frauen lieber in einer Beziehung bleiben, auch wenn ihr*e Partner*in gewalttätig oder toxisch ist. Viele, die trotz finanzieller Sorgen diesen Weg wagen, landen nicht selten auf der Straße. Ich wusste, meine Familie würde für mich da sein. Sie würden mit helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Dieses Glück haben aber nicht alle, und deshalb bleiben sie bei ihren Partner*innen.
Ich blicke mit gemischten Gefühlen auf meine Beziehung zurück. Einerseits habe ich diesen Mann geliebt, und ich wollte mein Leben mit ihm verbringen. Deshalb war die Trennung auch so schmerzhaft für mich. Aber andererseits glaube ich, wenn ich mich emotional von ihm geheilt und mein Selbstwertgefühl wiedergewonnen habe, werde ich die Zeit mit ihm anders in Erinnerung haben. Meinen Freund*innen sage ich andauern, sie sollen für sich selbst einstehen, ihren Partner*innen klar und deutlich sagen, was ihrer Meinung nach in einer Beziehung akzeptabel ist und was nicht. Und ich weiß, es ist an der Zeit, dass auch ich das tue, was ich anderen predige. Dank der Hilfe meiner Lieben, einer Therapie und Sport als Ausgleich, kann ich daran arbeiten, das Erlebte zu verarbeiten und daraus zu lernen. Ich möchte mental und körperlich stärker werden, damit ich endlich mich selbst einstehen kann – das ist mein Ziel.
Wenn du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, die oder der Opfer sexueller Gewalt ist, kannst du dich beispielsweise unter der Nummer 08000 116 016 oder per Online-Beratung an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden – ein vertrauliches, kostenfreies 24-Stunden-Beratungsangebot, das anonyme, mehrsprachige und barrierefreie Unterstützung bietet.

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