Der amerikanische Schriftsteller Charles Bukowski schrieb einmal: „Menschliche Beziehungen sind merkwürdig. Ich meine, man ist für eine gewisse Zeit mit jemandem zusammen, man isst und schläft und lebt zusammen, man liebt sich, führt Unterhaltungen, reist zusammen… und dann hört es auf.“ Eine Freundin und ich schicken uns dieses Zitat oft hin und her, wenn zum Beispiel ein Date nicht gut lief, es mit der Liebe mal wieder nicht hinhauen wollte oder eine Beziehung einfach aufhörte, wie Bukowski es in seiner unendlichen Nüchternheit beschrieb.
Irgendwie scheint sich in meinem Dating-Verhalten ein Muster eingeschlichen zu haben: Die, die ich richtig toll finde, haben irgendwann keine Lust mehr auf mich und alles endet im Fiasko. Ich dramatisiere? Nun, hier zum Beweis eine Geschichte, die mir kürzlich widerfahren ist.
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Auf Tinder hatte ich Kontakt zu einem süßen Typen, Konstantin, wir verabredeten uns in einer Bar. Schon während des ersten Drinks merkte ich, dass ich hin und weg war. Der Typ war unglaublich hübsch, intelligent und witzig. Ich war selten so aufgeregt – und tat dann etwas, das ich sonst nie getan hätte: Ich fragte ihn, ob er noch mit Freunden und mir weiterziehen wollte. „Na klar!“, antwortete er und ich war von mir selbst überrascht. Meine Freunde hätte ich sonst nie beim ersten Date vorgestellt. Am nächsten Tag plante ich in Gedanken unsere Hochzeit.
Wir trafen uns etwa zwei Wochen lang, alles lief gut. Eines Abends holte er mich vom Flughafen ab. Für mich sind solche kleinen Aufmerksamkeiten eine große Sache. Die Geste zeigte mir, dass ich ihm wichtig bin. Aber auf das Hochgefühl folgte das erste Problem: Konstantin offenbart mir, dass er bald für sechs Monate im Ausland sein würde. Das Szenario war mir bestens bekannt: Meine Beziehungen entwickeln sich irgendwie grundsätzlich zu Fernbeziehungen, um dann in Enttäuschung zu enden. Aber statt den Typen in den Wind zu schießen, hielt ich an ihm fest. Wann findet man schon jemanden, den man so richtig gut findet?
Wir sprachen ausführlich über die Situation und wollten uns weiter sehen – auch über die Zeit im Ausland hinweg. Einige Wochen später lernte ich sogar seine Freunde kennen. Für mich ein Zeichen, dass er es ernst meinte. Dann sagte ich den Satz der Sätze: „Konstantin, ich habe Gefühle für dich.“ Ich sprach nur das Offensichtliche aus, an sich nichts Schlimmes.
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Allerdings kam mir dieser Satz um ein Uhr nachts in der S-Bahn über die Lippen, ich war betrunken. Anschließend lief Konstantin weg: vor mir, vor Nähe, vor unserer Bindung. Einige Abende später sagte er, wir müssten uns über „Asymmetrien“ unterhalten: Dass er mir nicht geben könne, was ich bräuchte. Wir redeten knapp drei Stunden, ich wurde erst wütend, dann traurig. Zum Abschied nahmen wir uns in den Arm. Auch er fing zu weinen an, zum Abschied gab er mir einen Kuss.
Die Tage danach waren unheimlich schwer. Ich musste einerseits mit Trennungsschmerz fertig werden und andererseits auch mein Verhalten hinterfragen. Hatte ich mich absichtlich in eine Situation gebracht, die mir bekannt war? Fühle ich mich mit Schmerz und Enttäuschung sicherer als mit der Nähe zu jemandem, den ich mag? Wie sehr wollte ich diese Person und wie sehr brauchte ich ihn, um mich geliebt zu fühlen?
„Wir fühlen uns bei dem wohl, was wir kennen“, sagte einmal ein Psychlogie-Student zu mir. Das gelte vor allem für unsere Beziehungen, besonders für jene, die uns am meisten geprägt haben: die zu Mutter und Vater. Die Lasten aus Kindheitstagen trage ich heute noch mit mir rum. Viele Gefühle kann man als Kind gar nicht verarbeiten, verstehen und einordnen. Sie überlappen sich und kommen im Erwachsenenalter wieder hoch. Unser*e Partner*in kann dann schnell als Mutter oder als Vater wahrgenommen werden.
Diese Muster treten bei vielen Menschen auf, erklärt die Psychologin Anne Brandenburg: „Während man aufwächst, bekommt man sehr viel von dem Verhalten der Eltern in ihrer eigenen Beziehung mit. Daran gekoppelt ist die Theorie, dass wir uns häufig eine*n Partner*in suchen, der oder die zumindest charakterlich sehr einem Elternteil ähnelt. Dieser kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken. Wenn man einmal ein Verhalten erlernt hat, ist es sehr schwierig, wieder davon ab zu kommen.“
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Wichtig ist dabei die Frage, was man wirklich möchte: Möchte ich immer wieder enttäuscht werden, weil es für mich sicherer ist und ich mich damit „wohler“ fühle? Oder möchte ich den Sprung wagen, mich öffnen und eine stabile Beziehung erleben? Anne Brandenburg stellt Tipps vor, wie du dein Verhalten analysieren kannst.
1. Der erste Schritt ist die Erkenntnis
Das klingt etwas platt, ist aber so. Unter Beachtung von Punkt zwei sollten negative Kerngedanken umformuliert werden. Das ist sehr anstrengend und erfordert viel Selbstreflexion. Problematisches Verhalten wird übrigens durch positive Konsequenzen in Stand gehalten. Wenn wir enttäuscht werden wollen, und dann auch tatsächlich enttäuscht werden, ist das in gewisser Art ein positiver Impuls im Sinne von: „Ich wusste es doch!“
2. Achte auf deine Gedanken
Laut der „Self-fulfilling prophecy“-Theorie verhält man sich häufig passend zu seiner Einstellung. Wenn man also schon vor einer Beziehung der Auffassung ist, dass man dem oder der Partner*in nicht trauen kann, geht man mit ihm oder ihr meist derart um, dass diese Prophezeiung auch eintritt. Wenn man erwartet, dass es schlimm endet, dann endet es auch schlimm. Dahinter steckt für gewöhnlich der Kerngedanke, den der amerikanische Autor Stephen Chbosky einmal wie folgt formulierte: „We accept the love we think we deserve“ – wir akzeptieren die Liebe, von der wir denken, dass wir sie verdienen.
3. Sich seiner Wünsche bewusst werden
Zuerst sollte man sein Verhalten in früheren Beziehungen analysieren. Gibt es Muster? Was hat einen gestört und was hat das Scheitern der Beziehung begünstigt? Dort liegen oft versteckte Wünsche: Welche Rolle sollte der*die Partner*in für einen übernehmen? Wollte man nur jemanden haben, der*die einem den Kopf streichelt? Dabei geht es auch um die Unterscheidung von wollen und brauchen: Wenn ich jemanden brauche, bin ich von einem gewissen Gefühl und einer Stabilität abhängig. Dabei muss es vorrangig gar nicht um die Person gehen.
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4. Vertrau dich deinen Freunden an
Deine Freunde können eine große Hilfe sein. Erkläre ihnen deine Gefühle, deine Wünsche und dein Verhalten. Sie haben oft einen objektiveren Blick auf die Lage und können dir Feedback geben. Auch die Familie kann helfen, um gewisse Verhaltensmuster zu erkennen.
5. Sprich über deine Ängste
Ängste sind oft ausschlaggebend für das Scheitern von Beziehungen. Das liegt an Erfahrungen, die man zuvor gemacht hat. Oft umgehen Menschen ihre Ängste lieber, statt sich ihnen zu stellen. Von Weitem sehen diese allerdings viel schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit sind. Sie werden zu Scheinriesen. Wenn man nicht über seine Ängste redet, kann man sie auch nicht überwinden.
Diese fünf Tipps werden auch von Lisa Fischbach, Diplom-Psychologin bei ElitePartner, untermauert. Sie berät Paare und ist Expertin, wenn es um Beziehungen und Ängste geht. „Negative Beziehungsmuster haben starken Einfluss auf eine Partnerschaft, wenn daraus Ängste und Konflikte resultieren. Sie äußern sich in einem unangemessenen Nähe-Distanz-Bedürfnis, übersteigerter Sorge, verlassen zu werden und Schwierigkeiten, Vertrauen in die Beziehung aufzubauen. Oft wird aus Angst vor Verletzungen ein starker Selbstschutzmechanismus entwickelt. Ein Beispiel dafür ist etwa die geringe Bereitschaft, sich emotional in der Beziehung zu öffnen. Die Folge ist, dass die Beziehung stagniert und die Gefühle gehen verloren“, sagt sie.
Was lernen wir daraus? Beziehungen zu anderen Menschen sind auch immer Arbeit. Am wichtigsten ist aber die Beziehung zu dir selbst. Sollte man in einer vermeintlichen Beziehungssackgasse stecken, kann es hilfreich sein, sich die fünf Tipps in Erinnerung zu rufen. Dadurch erhöhe sich die Chancen, alles ein wenig realistischer und fokussierter zu betrachten. Wieso wir uns überhaupt durch das Gefühlschaos kämpfen? Weil es die „Arbeit” oft wert ist, also nur Mut!
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