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Was ist eine toxische Beziehung ?

Manchen sind solche Beziehungen bekannt, manche stecken selbst in einer fest: Manchmal geraten wir an Menschen, die uns definitiv nicht gut tun; ein Leben zwischen Nähe und Kälte, Liebe und Leid, immer am schmalen Grad des Höhenflugs und tiefen Sturzes, eine Achterbahn der Gefühle, das reinste Nervenkarussell. Man führt eine toxische Beziehung mit einem toxischen Partner. Ein Gegengift gibt es bisher noch nicht. Wir treffen Amina (Name geändert, Anmerkung der Redaktion), die uns ihre persönliche Geschichte erzählt und sprechen anschließend mit Paartherapeutin Nadja von Saldern, die uns erklärt, welche Anzeichen ein toxischer Partner mit sich bringt und warum es so schwer ist, sich zu lösen.
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Amina, 29
Eine toxische Beziehung ist eine ungesunde Beziehung, die sehr viel Energie beansprucht. Ich weiß es, ich war in einer. Ich habe ihn damals in Paris getroffen, er selbst war aber aus Berlin. Nach zwei Monaten lud er mich ein, zu ihm zu ziehen. Also planten und organisierten wir alles zusammen und ich zog zu ihm in die Hauptstadt. Obwohl wir uns so wenig kannten, fühlte sich alles so unfassbar echt und intensiv an. Sein Leben beeindruckte mich, es war spannend und reizvoll aber gleichzeitig auch chaotisch und verplant. Er ist DJ und Produzent und daher jedes Wochenende ununterbrochen unterwegs. Die anfängliche rosarote Brille verschwand und schnell fühlte ich mich einsam in der fremden Stadt, ohne Freunde. Dazu kam noch, dass ich abhängig von ihm war: Die Wohnung gehörte ihm und ich konnte keine Miete zahlen, weil ich gerade auf Jobsuche war.
Auch sein Verhalten mir gegenüber änderte sich schlagartig, als ich zu ihm gezogen war. Anstatt mich zu unterstützen, genoss er meine Abhängigkeit und fühlte die Macht, die er über mich verfügte. Jeder kleine Streit eskalierte völlig. Er packte meine Sachen und schmiss mich jedes Mal raus. Mein Selbstbewusstsein litt dadurch und ich verfiel in ein totales Tief. Ihm gefiel allerdings mein Zustand, zumindest hatte ich das Gefühl, dass es so war. Durch unser absolut exzessives Verhältnis gab es bei uns sehr starke Höhen und dementsprechend starke Tiefen. Mir der Zeit wurde er zunehmend aggressiver und respektloser. Trotzdem gab ich die Hoffnung nicht auf, er könne sich bessern und wir könnten daran arbeiten. Er genoss aber weiterhin das Katz-Maus-Spiel und ich merkte langsam, wie sehr er mich aussaugte. Er brauchte die Streitereien, sein Ego brauchte dieses kranke Machtverhältnis und deshalb provozierte er mich jedes Mal, wo er nur konnte. Je mehr ich mich ändern wollte und die Beziehung retten wollte, desto mehr distanzierte er sich von mir. Schließlich verließ er mich. Alles, wofür ich gearbeitet hatte, war umsonst. Alle Zukunftsvorstellungen und Pläne mit ihm waren verschwunden. Alles, was ich aufrecht erhalten wollte, war nun längst Vergangenheit. Ich hatte das Gefühl, ein Teil seiner Launen gewesen zu sein und wusste, ich hatte mich zu sehr angepasst. Nach der Trennung ersetzte er mich sofort. Da merkte ich, dass er zu allen Frauen so war giftig war und nur zu toxischen Beziehungen fähig war.
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Heute bin ich froh, dass mir das widerfahren ist. Ich bin viel vorsichtiger bei der Männerwahl. Noch mal passiert mir das nicht. Seitdem er fort ist, merke ich, wie viel mehr Energie ich habe. Ich bin nun vollständig in Berlin angekommen, wohne ich einer tollen WG, arbeite erfolgreich als Freelancer und bin bereit für eine neue Erfahrung, eine großartige Liebe, die da draußen auf mich wartet. Eine Liebe zu jemandem, der mich nicht unterdrückt und manipuliert, sondern mich respektiert und mir auf Augenhöhe begegnet.

Paartherapeutin Nadja von Saldern erklärt nun im Gespräch mit Refinery29, woran man toxische Partnerschaften erkennen und wie man sich aus ihr lösen kann.

Woran erkennen wir einen toxischen Partner?

Wir sprechen in der Regel weniger von toxischen Persönlichkeiten als lieber von Narzissten. Das ist eine treffendere Beschreibung für Menschen, welche durch eine ausgeprägte Ich-Bezogenheit charakterisiert sind und sich somit selbst im Zentrum der Geschehnisse sehen und erleben. Narzissten haben mehrere typische Charakteristika und zeichnen sich allein dadurch aus, dass sie in der Lage sind, Menschen immer wieder aufs Neue zu verwirren. Sie besitzen mehrere Gesichter und können diese nach Belieben zeigen und blitzschnell wechseln. Es erinnert an das Wechselgesicht von "Junge Frau / alte Hexe" – beides ist gleichermaßen vorhanden und im nächsten Augenblick erkennbar.
Allerdings erschwert unsere eigene Erwartungshaltung das Erkennen dessen. Bei einer uns nahe stehenden Person neigen wir dazu, das negative Bild weitgehend auszublenden und zu verdrängen, um die andere, hässliche Seite nicht wahrhaben zu müssen. Das erleichtert Narzissten dann jedoch diese Seite immer weiter und ungebremst zu entwickeln.
Einen ersten, möglichen Hinweis darauf, einem Narzissten gegenüberzustehen gibt es wenn man sich in dessen Anwesenheit zunehmend klein, unwohl und energielos fühlt. Denn Narzissten gewinnen ihre oftmals reichlich vorhandene Energie auch durch das Abziehen der Energie ihres Gegenübers. Man spricht dabei auch von Energie-Vampirismus, weil sich Menschen nach Zusammentreffen mit Narzissten leicht wie ausgesaugt fühlen während der andere vor Energie geradewegs nur so strotzt.
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Weitere Erkennungsmerkmale sind die Umgangsformen. Gerne behandeln Narzissten andere Menschen wie Gegenstände, welche ihnen und ihrer Sache zu dienen haben. Ist es opportun und zweckdienlich eine Person gut zu behandeln, so geschieht dies im Übermaß. Ändern sich jedoch die Umstände und erscheint die Person gerade nicht mehr nützlich zu sein, so wird sie auch im Handumdrehen fallengelassen.

Was beschreibt eine toxische Beziehung?

Wenn es, wie obenbeschrieben, einem der beiden Partner sehr viel schlechter in der Partnerschaft ergeht als dem anderen, könnte dies auf eine toxische Beziehung hindeuten. In der Regel blüht der eine immer weiter auf während der andere zunehmend reduzierter wirkt. Irgendwann kommt es dann zu dem Punkt, an dem letzterer entweder merkt, dass er vor die Hunde geht und sich aufbäumt oder aber seinem Schicksal hoffnungslos hingibt. Nicht selten enden solche Partnerschaften in einer Depression, im schlimmsten Falle mit einem Suizid.

Gibt es ein Gegengift dafür?

Es ist immer hilfreich, sich ungeschönt über den anderen und seinen Charakter bewusst zu werden. Das ist die beste Voraussetzung um handeln zu können und Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Nichts fürchten Narzissten mehr als durchschaut zu werden und wenn ihre Manöver nicht mehr verfangen.
Ist ein toxischer ein narzisstischer Partner? Und was ist das besondere an einer toxischen Person?
Narzissten zeichnen sich durch eine ausgeprägte Schmerzfreiheit und Stresstoleranz aus. Schamgrenzen und rote Linien werden konsequent übersehen und überschritten ohne dass dies erkennbar ein schlechtes Gewissen auslösen könnte. Während andere Menschen schon längst vor Scham versinken würden, bleibt der Narzisst fest von sich überzeugt und marschiert weiter über Leichen.
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Was macht den Partner aus, der in einer toxischen Beziehung lebt?
Wer nicht aufpasst, macht sich in Partnerschaften leicht zum Co-Narzissten wenn er keine Grenzen aufzeigt und diese auch nicht verteidigt. Aus Liebe oder auch aus immer währender Hoffnung auf Besserung werden Partner von Narzissten oftmals sehr leidensfähig und ordnen sich immer weiter unter. Dabei verlieren sie sich leicht selbst, verlieren immer mehr ihre Selbstachtung und werden zu Schatten ihrer selbst.
Warum fällt es dem Gegenüber schwer sich zu lösen?
Es gibt Experimente, die mit Vögeln gemacht wurden: Dabei fielen in einer Versuchsanordnung Körner in eine Schale wenn diese gegen einen Hebel pickten. Immer wieder pickten sie, immer wieder gab es direkt eine Belohnung. Kamen aber abrupt keine Körner mehr so hörten die Vögel bald mit dem Picken auf weil sie lernten, dass nun keine Belohnung mehr zu erwarten war.
Anders jedoch, wenn ab einem bestimmten Punkt die Körner, sprich die Belohnung, nur noch unregelmäßig kamen, also nicht mehr nach jedem Picken sondern in unberechenbarer, zufälliger Folge. Diese Vögel hörten nie mehr mit dem Picken auf weil sie immer wieder Hoffnung auf eine Belohnung hatten.
Kann man es mit einer Sucht vergleichen?
Auch wenn in diesem Kontext Suchtaspekte zu verzeichnen sind, weil das Verhalten in narzisstischen Beziehungen in der Tat Ähnlichkeiten mit Sucht aufweist, so wäre die erlebte Hilflosigkeit der passendere Ausdruck. Denn eine mögliche Lösung wird meist nicht erkannt. Aber auch nicht jeder ist auf der Suche nach einer Lösung.
Welchen Umgang raten Sie dafür?
Da Narzissten Grenzen entweder nicht kennen oder diese nicht respektieren, ist der Partner gefragt, konsequent Stop-Zeichen aufzuzeigen und diese rigoros durchzusetzen. Mit spürbaren Konsequenzen bei jeglichen Überschreitungen. Narzissten sehen nicht die Not der anderen, wohl aber etwaige negative Auswirkungen für ihre Person. Führt auch das nicht zu dem gewünschten Ergebnis so bleibt letztlich nur noch die Empfehlung: „Retten Sie sich!”
Nadja von Saldern führt mit ihrem Ehemann Dr. Clemens von Saldern eine Paartherapie und Mediationspraxis in Berlin und Potsdam, in welcher sie Paare bei Krisenbewältigungen beraten und unterstützen.

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