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Gebrauchte Slips & verführerische SMS – Therese Kersten ist professionelle Treuetesterin

Er hieß Stefan *. 1.90 groß, gedrungener Körper, markante Glatze. Bizarr, dass ich mich ausgerechnet in diesen 28 Jahre älteren Mann mit Bauchansatz verliebte. Doch ohne ihn wäre ich heute nicht Inhaberin der grössten Treuetestagentur im deutschsprachigen Raum. Drei Jahre waren Stefan und ich ein Paar. Drei Jahre, in denen er mich unzählige Male belog, verleugnete, für andere sitzen ließ – und mich doch immer wieder einlullte.
Erst als ich meine Naivität abgestreift hatte und wohl auch, weil unsere gemeinsame Tochter unterwegs war und die Schwangerschaft ungeahnte Kräfte in mir freisetzte, begann ich, meinem tiefen Misstrauen nachzugehen. Ich überprüfte sein Handy, checkte die Ziele, die er ins Navi eingegeben hatte, knackte seinen E-Mail-Account. Ich fand Hotelreservierungen, Flugtickets, den Aids-Test einer anderen Frau. Stefan führte ein Doppelleben, hatte mehrere Affären und immer wieder One Night Stands. Ich verließ ihn – und hatte mir dank seiner Eskapaden bereits einen Grossteil der Fähigkeiten angeeignet, die ich als künftige Treuetesterin beherrschen musste.
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Weil ich nach der Trennung Geld brauchte, sicherte ich mir kurzerhand eine entsprechende Domain, brachte mir im Selbststudium das Erstellen einer Website bei und startete mein eigenes Business.
Mein erster Auftrag als professionelle Treuetesterin war leicht. Ich sollte einen angeblich untreuen Mann ansprechen, mit ihm flirten, ihn nach seiner Nummer fragen. Er lehnte dankend ab und erzählte mir mit strahlenden Augen von seiner Frau. Test mit Bravour bestanden! Doch das ist nicht immer so. Wenn ich in den letzten acht Jahren etwas gelernt habe, dann: Es ist fast immer das, wonach es aussieht.
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Wie bei meinem krassesten Fall, dem Karottenmann. Matthias * sandte mir unzählige gebrauchte Damenslips seiner Frau zu. Nicht, weil dies ein Fetisch von ihm war. Sondern weil ich in Zusammenarbeit mit einem anerkannten Labor Unterwäsche auf fremde Spermaspuren teste. Allerdings waren im Paket nicht nur gebrauchte Damenslips, sondern auch Karotten, von denen Matthias glaubte, jemand hätte seine Frau damit penetriert. Die anschließenden Tests und DNS-Abgleiche zeigten: Vermutlich betrügt Matthias’ Frau ihn mit seinen Brüdern. Und: Zwischen ihm und seiner Tochter besteht zwar ein enges verwandtschaftliches Verhältnis, seine Tochter ist sie aber nicht. Wohl eher seine Nichte.
Zum Glück bedeutet aber nicht jeder Treuetest das Ende einer Beziehung. Sogar, wenn er erfolgreich war – sprich: wenn sich die Testperson auf den Lockvogel eingelassen hat –, geben nicht wenige der Partnerschaft noch einmal eine Chance. Und ja, ich weiss, erfolgreich – ich mag dieses Wort auch nicht. Was heißt in meinem Business schon erfolgreich?
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Mittlerweile arbeiten 650 Treue-Testende für meine Agentur. Sie übernehmen Aufträge, die ein persönliches Treffen erfordern – wobei beim Kuss übrigens jeweils Schluss ist. Ich selber mache höchstens noch unsere meistgebuchten Tests, jene per SMS. Der Großteil meiner Testenden sind Frauen, schliesslich ist auch meine Kundschaft grösstenteils weiblich. Es sind Frauen, deren Bauchgefühl sie an der Treue ihres Partners zweifeln lässt. Ein Gefühl, dem man durchaus vertrauen darf. Ich selbst lebe nach dem Motto: Ewige Liebe gibt es, ewige Treue nicht.
Meinen eigenen Verlobten würde ich trotzdem nicht testen lassen. Sollte ich einen Verdacht haben, würde ich ihn dank meiner Erfahrung sowieso entlarven. Bisher bietet er mir aber keinerlei Anlass, meine Fähigkeiten an ihm zu erproben. Und er weiß: Ich wäre keine angenehme Gegnerin.
* Namen geändert
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