Ganz früher, als meine Großeltern noch jung waren, da gab es ihn hierzulande noch gar nicht. Auch in der Jugend meiner Eltern war er maximal ein Begriff, den man eventuell schon mal gehört hatte. Aber heute, heute drehen plötzlich alle am Rad, wenn er sich nähert, der 14. Februar. VALENTINSTAG.
Es scheint so, als erwarteten vor allem Frauen Blumen, Geschenke oder kleine Aufmerksamkeiten. Man mag vielleicht ganz nüchtern feststellen, das sei überbewertet und nur ein Marketing-Gag sei, aber wenn die Kolleginnen oder Freundinnen dann am Tag der Tage fragen, was man bekommen hat oder stolz ihre Blumensträuße bei Instagram präsentieren und mit Hashtags wie #relationshipgoals und #myboyfriendisbetterthanyours versehen, dann erwischt man sich manchmal doch, wie man ein bisschen neidisch wird. Oder zumindest denkt: „Mist, ich hab ja gar nichts zum vorzeigen.“ Die eine oder andere hat dem Liebsten zwar mehr als einmal versichert, sie wünsche sich nichts, weil es doch nur um den Konsum statt um die Liebe gehe, nur um dann am Valentinstag selbst ein wenig enttäuscht aus der Wäsche zu gucken. Was soll ich sagen: Da hat die Werbung voll gegriffen, das Marketing ganze Arbeit geleistet und sämtliche „Be-my-Valentine“-Geschenke irgendwie das Hirn vernebelt.
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Ich frage mich seit jeher: WIESO ZUM TEUFEL? Wieso bestimmt jemand einen Tag, an dem es zum guten Ton gehört, dem anderen zu sagen, was er einem wert ist? Und das nicht nur zu sagen, sondern auch mit Geschenken zu unterstreichen. Ich halte ähnlich wenig vom Muttertag, aber der Valentinstag ist meiner Ansicht nach der überbewerteteste Tag überhaupt. Wer liebt, tut das das ganze Jahr über und muss nicht an dem Tag, an dem sich in Blumenläden die Preise verdoppeln und die gesamte Geschenkwirtschaft verrückt spielt, zeigen, dass er Zuneigung für jemanden empfindet.
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Ich halte ähnlich wenig vom Muttertag, aber der Valentinstag ist meiner Ansicht nach der überbewerteteste Tag überhaupt.
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Alles für mich ist künstlich am Valentinstag: Von den roten Luftballons mit „I love you“-Schriftzug drauf über die langstieligen Baccara-Rosen im Blumenladen ums Eck (die zwar wunderschön sind, aber am 14. Februar plötzlich so viel kosten wie ein Essen für zwei beim Edelitaliener) über die speziell beworbenen „romantischen Valentinstagmenüs“ bis hin zu dem breit grinsenden Partner mit dem Geschenk in der Hand – was nicht aus eigener Aufmerksamkeit zustande gekommen ist, sondern weil er weiß, dass die Liebste einfach irgendetwas erwartet. Die meisten meiner Partner haben Valentinstag gehasst, weil ihre Exfreundinnen schlichtweg darauf bestanden haben, dass es da ein Geschenk gibt und Quality Time zu zweit im Kalender steht. Wie schade, wenn man aus Druck Zuneigung bekunden muss – und der andere Part sich davon auch noch bestätigt und befriedigt fühlt.
Versteht mich nicht falsch: Ich liebe Blumen! Pfingstrosen, Gerbera, Sonnenblumen, Lilien – ja, auch langstielige Baccara-Rosen. Und ich tue alles für Geschenke! Aber über die freue ich mich eben das ganze Jahr über und nicht nur am 14. Februar. Vielleicht sogar gerade am 14. Februar nicht, weil das ganze Rumgeschenke da nicht aus eigenem Antrieb geschieht, sondern weil etliche rosafarbene bis tiefrot getönte Plakate, Angebotsschilder und Onlinebanner einem sagen: „Hey, am 14.2. da musst du dich aufraffen. Kauf irgendwas. Einfach, weil man es macht. Das gehört sich so!“ (Wer mich kennt: In jeder Lebenslage der Satz, den ich am meisten hasse.)
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Und klar: Für die Singles gibt es Gegenveranstaltungen! Am Valentinstag soll man sich etwas gönnen, weil man allein ist. Man kann auch zu Anti-Valentinstagsessen gehen, sich geplant mit fremden Leidensgenossen irgendwo gepflegt betrinken – sicherlich für ein paar Euro mehr als sonst, denn das Get-Together trägt ja den Stempel ANTI-VALENTINSTAG. Und auch wenn ein „Anti“ davor steht, ist V-Day auch hier ein Marketingtool. Singles werden dabei generell in zwei Schubladen gesteckt. Schublade eins: Die unglücklichen Singles, die man trösten muss, weil sie frustriert und allein sind. Hier triffst du andere Singles und findest vielleicht jemanden, der dir nächstes Jahr etwas schenkt.
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Und klar: Für die Singles gibt es Gegenveranstaltungen!
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Oder Schublade zwei: Die Powersingles, die V-Day eh scheiße finden und zwar ganz sicher nicht, weil sie alleine sind, sondern weil sie es lieben allein zu sein und diesen Pärchenscheiß so richtig kacke finden. Mit denen kann man auch Geld machen: Denn sie feiern ihre Unabhängigkeit, und dass der Valentinstag sie nicht interessiert, nur um unwissentlich auch in die Werbefalle getappt zu sein. Kommt her, wir scheißen auf den Tag der Tage und machen richtig einen drauf – nimm doch noch 'nen Gin Tonic für 8 Euro.
Wie auch beim Muttertag, der ja nun mal nicht der einzige Tag im Jahr ist, an dem man seine Mutter liebt und an sie denkt, ist der Valentinstag großer Blödsinn. Ich bin beeindruckt von Männern (und Frauen!) die ihren Partnern und Partnerinnen an einem x-beliebigen Tag im Jahr ein Blümchen schenken. Ihnen einmal mehr sagen, dass sie wertvoll sind und geliebt werden. Und von mir aus auch bei Instagram ein Bild posten, das sagt: Du bist es. Du bist toll. #relationshipgoals – aber nicht wegen den schnell besorgten Tankstellenblumen, sondern weil es eine Tatsache ist.
Am 14. Februar hat übrigens meine tolle Freundin Bine Geburtstag und wird knackige 29. Ich habe zwei Meetings bei einem Kunden in Düsseldorf, eine Textbesprechung mit einem Koch und ein Interview mit einem befreundeten Sommelier. Mein Freund wird bei dem ein oder anderen Termin mit von der Partie sein. Darüber freue ich mich, ich bin dankbar dafür und glücklich, dass es ihn gibt. Wie jeden anderen Tag im Jahr. Das hat nämlich 365 davon und nicht nur den 14. Februar.
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