Willkommen bei Sun Blocked, der globalen Info-Kampagne von Refinery29 rund um die Gefahren des Bräunens. Eins versprechen wir dir: Hier wird kein schlechtes Gewissen eingeredet und keine Predigt gehalten. Unser Ziel ist es, dir das Wissen mitzugeben, das du brauchst, um dich so gut wie möglich zu schützen. Denn „ungefährliches Bräunen“ gibt es nicht.
Worauf achtest du beim Kauf von Sonnencreme? Vielleicht auf einen hohen Lichtschutzfaktor, der deine Haut möglichst lange schützt. Vielleicht auf den Begriff „nicht komedogen“, was bedeutet, dass das Produkt deine Poren nicht verstopfen sollte. Wenn dir aber auch in Sachen Kosmetik der Umweltschutz am Herzen liegt, suchst du vielleicht nach einer „korallenfreundlichen“ bzw. „riffsicheren“ Sonnencreme – vor allem, wenn du in diesem Sommer ins Ausland fliegst.
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An einigen Orten dieser Welt – wie auf Hawaii, in manchen thailändischen Nationalparks sowie in bestimmten Gegenden in der Karibik und den USA – sind bestimmte Sonnencremes inzwischen nämlich verboten (oder dürften es bald sein). Dieses Verbot gilt unter anderem für Cremes mit Inhaltsstoffen wie Oxybenzon, Octinoxat und Octocrylen. Diese Stoffe dienen als UV-Filter und schützen die Haut somit vor der Sonne. In den letzten Jahren kamen jedoch mehrere Studien zu dem Schluss, dass diese Chemikalien Korallenriffe im Ozean ausbleichen, sprich: sie beschädigen oder sogar zerstören.
Laut der Wissenschaftssprecherin und kosmetischen Chemikerin Jen Novakovich war die mediale Aufmerksamkeit, die diese Studienergebnisse bekamen, ein Katalysator für viele der darauffolgenden Sonnencreme-Verbote. Als Konsequenz davon haben zahlreiche Sonnenschutzmarken ihre Produktzusammensetzungen geändert und verzichten nun auf die Wirkstoffe, die den Korallen angeblich schaden sollen.
Unabhängig davon, ob sie in die oben genannten Länder reisen wollen, scheinen sich immer mehr Leute vor ihrem Sommerurlaub eine umweltfreundliche Sonnenschutz-Option zu wünschen. Kein Wunder also, dass es demnach inzwischen (zum Beispiel bei Douglas oder Nivea) spezifische „korallenfreundliche“ bzw. „riffsichere“ Sonnencremes zu kaufen gibt.
Aber solltest du beim Sonnencremekauf wirklich auf diese Begriffe achten? Sind diese Produkte tatsächlich schonender für die Korallen und somit die umweltfreundlichere Wahl? Wir haben uns die Wissenschaft dahinter erklären lassen.
Was bedeutet „korallenfreundliche Sonnencreme“?
Jen zufolge sind „korallenfreundlich“ und „riffsicher“ (im Englischen „reef safe“) tatsächlich keine geschützten Begriffe. Genau wie auch „clean“ oder „hypoallergen“ bedeuten sie in der Beauty-Industrie somit gar nichts. Es sind schlichtweg Marketing-Schlagworte, die von Brands verwendet werden, die (inzwischen) in ihren Produkten auf Chemikalien wie Oxybenzon und Octinoxat verzichten.
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Ist Sonnencreme wirklich schädlich für Korallen?
Um diese Frage beantworten zu können, ist es wichtig, die Laborstudien (die zu dem Schluss kamen, bestimmte Sonnencreme-Inhaltsstoffe seien schädlich für Korallen) damit zu vergleichen, was sich wirklich im Ozean abspielt. „Sonnencreme kann Korallen nachweislich ausbleichen“, erklärt Jen, „aber nur unter extremen Laborbedingungen – oft in einem versiegelten Behälter ohne Wasserströmung.“ Das ist an sich bereits problematisch, fügt sie hinzu, weil die Studie nicht repräsentativ für Naturbedingungen stehen kann. „Die meisten Untersuchungen, die sich mit dem Einfluss von Sonnencreme (und Oxybenzon) auf Korallenriffe befassen, deuten darauf hin, dass Sonnencremes in der freien Natur keine bleichende Wirkung auf Korallen haben“, erklärt sie. „Die Studien, die das Gegenteil vermuten lassen, sind Ausreißer. Das sind Sonderfälle.“
Laut einem Blog-Post der kosmetischen Chemikerin Michelle Wong kommt es an manchen Orten zwar durchaus zu höheren Konzentrationen [von Sonnencreme im Wasser], die sich auf Korallenriffe auswirken könnten: „Das sind einzelne, kleine Strände, wo Hunderte Menschen in einer kleinen Menge an Wasser schwimmen – an besonders beliebten Stränden zum Beispiel.“ Die meisten Studien, die sich aber mit genau diesen Sonnencreme-Konzentrationen im Wasser beschäftigt haben, haben aber geringere Werte in der Nähe von Korallenriffen gefunden, erklärt Jen. Das liegt daran, dass die Strömung die Sonnencreme schnell wegspült und die Chemikalien im riesigen Ozean direkt verdünnt werden.
Wodurch entsteht Korallenbleiche?
Wenn die Hauptursache der gefährlichen Korallenbleiche also nicht unsere Sonnencreme ist, was denn dann? Jen erklärt, dass es überwältigende Hinweise darauf gibt, dass dafür vor allem die steigende Wassertemperatur verantwortlich sein müsse. „Sonnencreme-Verbote sind eben leicht umzusetzen“, sagt sie. „Aber den Klimawandel bekämpfen? Das ist viel schwieriger.“
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Jen zufolge ist es für Politiker:innen ebenso leichter, diese Sonderfall-Studien auszunutzen, um ihre Wähler:innen davon zu überzeugen, sie könnten persönlich etwas gegen dieses Umweltproblem tun. „In Wahrheit werden diese Verbote aber vermutlich überhaupt nichts bringen. Diese Fehlinformationen machen alles eher nur schlimmer. Sie geben der Öffentlichkeit das Gefühl, hier werde wirklich etwas grundlegend verändert – und dass die größeren, teureren und schwierigeren Veränderungen dann gar nicht mehr nötig seien.“
In anderen Worten: Uns als Individuen wird vermittelt, wir sollten auf persönlicher Ebene bessere Entscheidungen für die Umwelt treffen – zum Beispiel, indem wir „korallenfreundliche“ Sonnencreme kaufen. In Wahrheit steckt hinter dem Problem der Korallenbleiche aber natürlich eine viel größere Umweltkatastrophe als die Verwendung der „falschen“ Sonnencreme.
Lohnen sich „korallenfreundliche“ Sonnencremes dann überhaupt?
Jen meint: Nein. „Korallenfreundliche Sonnencreme enthält oft einen Wirkstoff namens Zinkoxid“, sagt sie. „Unter denselben Laborbedingungen, die nachweisen, dass chemische Sonnencremes Korallen bleichen können, kann dasselbe auch für mineralische Sonnencremes [mit Zinkoxid] bewiesen werden.“ Jen betont aber erneut, dass keiner der beiden Sonnencreme-Typen in der Natur Korallen ausbleicht.
Sie ist der Meinung, es bestärke Greenwashing, Behauptungen wie „korallenfreundlich“ zu glauben. „Angesichts dessen, wie wichtig es ist, gegen den Klimawandel vorzugehen, ist das wirklich schädlich“, warnt sie.
Welche Sonnencreme ist die beste?
Es ist nicht schwer, die Regeln eines Landes zu respektieren, in dem bestimmte Sonnencremes verboten sind, weil es eben so viele verschiedene Produkte auf dem Markt gibt. Unabhängig davon, ob die Sonnencreme deiner Wahl nun „korallenfreundlich“ auf der Verpackung zu stehen hat, ist laut Jen vor allem entscheidend, dass du eine Creme benutzt, die für dich funktioniert. „In Sachen Umweltfreundlichkeit wirst du bei jeder Creme die Pros und Kontras abwägen müssen“, sagt sie. „Die beste Sonnencreme ist die, die dir gut gefällt, weil du sie mit größerer Wahrscheinlichkeit regelmäßig aufträgst – und das in ausreichender Menge.“ Das heißt: ein halber Teelöffel voll für dein Gesicht und deinen Hals zusammen. Und am besten alle zwei Stunden nachcremen!
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