Abgesehen von der Zeit mit Freund:innen und Verwandten, den Geschenken und ein paar (hoffentlich!) freien Tagen ist das vielleicht Beste an Weihnachten das langersehnte Festessen. Egal, welcher Teil vom Weihnachtsschmaus dein persönlicher Favorit ist – die Klöße? Die Plätzchen? Die Ente? Die ganze Schokolade? –, fest steht: Deine Essgewohnheiten werden sich in den kommenden Wochen ein bisschen verändern.
Obwohl ein festliches Essen (oder auch mehrere) für viele über Weihnachten ein absolutes Muss sind, hält das diverse Beauty-Fans nicht davon ab, auf TikTok oder Instagram fragwürdiges „Wissen“ rund um Skincare und Ernährung zu posten. Vielleicht bist du dort selbst schon über Begriffe wie „cheese face“, „wine face“, „chocolate face“ oder sogar „gluten face“ gestolpert. Damit wird behauptet: „Zu viel“ (oder überhaupt was) davon zu essen, könne deiner Haut schaden. Meistens werden diese vermeintlichen Fakten mit dem sogenannten „face mapping“ erklärt – einer Theorie, die vermutet, bestimmte Hautprobleme (wie Akne auf der Stirn und den Wangen oder dunkle Augenringe) könnten von der Ernährung verschlimmert werden.
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Dabei ist ein Begriff wie „cheese face“ vermutlich das Allerletzte, was du hören willst, während du dich auf die Feiertage und das ganze leckere Essen freust. Zum Glück könnte all das ziemlicher Quatsch sein, meinen Dermatolog:innen und Ernährungswissenschaftler:innen. „Ich würde allen dazu raten, solche Informationen mit sehr viel Skepsis zu betrachten, weil es keine Daten gibt, die die Behauptungen stützen würden“, sagt sie Dermatologin Dr. Anjali Mahto. Sie erklärt, solche Theorien stünden oft im Zusammenhang mit Alternativmedizin und dem Glauben, dass bestimmte Teile deines Körpers nicht richtig funktionieren, was sich demnach in deinem Gesicht äußere. „Wenn du dir aber mal die Anatomie und Physiologie anschaust und das anhand der westlichen Medizin analysierst, hat diese Theorie nichts mit Logik zu tun“, meint Dr. Mahto, die vom „cheese face“ absolut nichts hält (und genauso wenig vom „sugar“, „wine“ und „gluten face“).
Aber gehen wir das Ganze doch mal im Detail durch. Laut der Ernährungswissenschaftlerin Kelly Light mangelt es hinsichtlich dem „cheese face“, also der Auswirkungen von Käse – und tatsächlich allen Milchprodukten – auf die Haut, an wissenschaftlichen Indizien. „Manche Leute berichten zwar anekdotisch davon, dass sich Käse und andere milchhaltige Produkte auf ihre Haut ausgewirkt hätten. Die Forschung belegt das aber nicht. Es wird definitiv nicht empfohlen, in der Hoffnung auf schönere Haut sämtliche Milchprodukte aus der Ernährung zu streichen“, sagt sie. „Milchprodukte enthalten sehr viele Nährstoffe, und ein Verzicht darauf ist keine Garantie für bessere Haut.“ Es gibt also keinen Grund dafür, über die Feiertage die Finger vom Käse zu lassen.
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In Sachen Zucker sieht die Lage aber etwas komplizierter aus. Auch Zucker wird oft dafür verteufelt, angeblich Hautprobleme auszulösen, erzählt Kelly. „Obwohl wir auch da noch mehr Untersuchungen brauchen, gibt es doch immer mehr Indizien dafür, dass Lebensmittel mit hohem glykämischen Index (GI), die unseren Blutzuckerspiegel besonders schnell steigen lassen, die Haut beeinträchtigen können.“ Dr. Mahto erklärt, es gäbe Hinweise darauf, dass manche Betroffene von weiblicher Erwachsenenakne tatsächlich eine Verschlimmerung ihrer Beschwerden feststellen, wenn sie viele Lebensmittel voller Industriezucker (wie Kuchen, Kekse und Pizza) konsumieren. Wichtig ist in diesem Satz allerdings das Wort „viele“.
Ohne jetzt in einen wissenschaftlichen Vortrag auszuarten, erklärt der Dermatologe Dr. Derrick Phillips, dass der gestiegene Blutzuckerspiegel die Ausschüttung des Hormon IGF-1 (insulin-like growth factor 1) verstärkt. „Das stimuliert die Talgproduktion und fördert Entzündungen, was wiederum zur Verschlimmerung von Akne führen kann. Das hängt aber vermutlich eher mit langfristigem Ernährungsverhalten zusammen.“
Kelly zufolge bedeutet das nicht, dass wir Zucker damit ganz aus unserer Ernährung verbannen sollten. Sie empfiehlt stattdessen eine ausgeglichenere Herangehensweise und erklärt, ein Einschränken unserer Ernährung könne manchmal eine ungesunde Beziehung zum Essen bewirken, die sich wiederum negativ auf unsere geistige Gesundheit auswirken kann. „Viele Leute leiden ohnehin schon darunter, dass sie unglücklich mit ihrer Haut sind“, sagt sie. „Es ist besser, sich an allgemeine Empfehlungen zu halten, was den Zuckerkonsum angeht. Soll heißen: Genieße ihn gelegentlich und in Maßen, aber nicht jeden Tag rund um die Uhr. Über Weihnachten sollten wir es uns auch wirklich erlauben, uns mal feierliches, oft zuckerlastiges Essen zu gönnen.“
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Auch der Einfluss von Alkohol auf die Haut ist interessant. Wein und Cocktails enthalten mehr Zucker als Hochprozentiges wie Gin und Wodka; auch hier gilt aber: Die Menge macht das Gift. „Alkohol kann eine dehydrierende Wirkung auf die Haut haben und auch weitere Nebenwirkungen mit sich bringen“, erklärt Kelly – wie eine schlechtere Schlafqualität, aufgrund der du am nächsten Tag besonders müde aussehen kannst. „Obwohl die meisten von uns gern ein paar festliche Drinks genießen, kann deine Haut (und auch andere Aspekte deiner Gesundheit) davon profitieren, wenn du zwischendurch auch immer genug Wasser trinkst“, ergänzt Kelly. Dr. Mahto erklärt, dass der gelegentliche Konsum von ein bisschen mehr Zucker oder Alkohol als sonst bei den meisten Leuten keine negativen Auswirkungen für die Haut hat. Sie empfiehlt, deine Ernährung stattdessen über einen längeren Zeitraum zu beobachten, anstatt dir darüber den Kopf zu zerbrechen, dass du dir ab und zu mal was gönnst.
Dr. Mahto zufolge kann die Vorstellung, deiner Haut zuliebe über die Feiertage auf dieses oder jenes zu verzichten, dir sogar schaden. „Wenn du dich einen Tag oder ein paar Tage lang mal ‚schlecht‘ ernährst, ansonsten aber einen ziemlich guten Lifestyle führst (und zum Beispiel Sport treibst und gesund isst), spielen dein Langzeitverhalten und deine langfristige Ernährung für deine Haut eine viel größere Rolle.“ Wenn dir auffällt, dass du während der Feiertage eine schlechtere Haut hast, liegt das nämlich womöglich nicht ausschließlich an deiner Ernährung, betont Dr. Mahto. „Es ist schwer, das eindeutig festzulegen. Ist es wirklich nur das Essen, oder nicht doch eine Kombination von Dingen, die du immer wieder tust oder konsumierst, was dazu führen kann, dass deine Haut schlechter wird?“
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Dr. Mahto erklärt, deine Hautprobleme könnten nämlich auch mit diversen Lifestyle-Veränderungen zusammenhängen und weniger mit spezifischen Lebensmitteln. „Vielleicht gehst du in letzter Zeit öfter aus, trinkst mehr Alkohol und kommst erst sehr müde nach Hause. Dann schminkst du dich vielleicht nicht ab und bekommst kaum Schlaf, weil es schon so spät ist. Wenn du am nächsten Tag müde bist, übt das Stress auf deine Haut und deinen Körper aus. Wenn du noch dazu verkatert bist, ist dein Körper dehydriert, und du triffst deswegen weniger gute Ernährungsentscheidungen. Dieses Muster aus Alkohol, Trinken und wenig Schlaf kann deine Haut verschlechtern, weil diese Lifestyle-Faktoren einander beeinflussen.“ Dr. Mahto findet es daher schade, wenn sich Leute nicht einmal ein Glas Wein oder ein Stück Schokolade gönnen, nur ihrer Haut zuliebe. „All das kann sehr wohl Teil einer gesunden Ernährung sein – aber eben in Maßen.“
Auch aus ernährungswissenschaftlicher Perspektive wäre es falsch, davon auszugehen, bestimmte Lebensmittel würden sich an ganz bestimmten Stellen im Gesicht äußern – wie es das „face mapping“ verspricht. „Wir sind alle einzigartig, und unsere Körper sind komplex“, so Kelly. Dr. Phillips sieht das genauso. „Es gibt keine wissenschaftliche Basis für das ‚face mapping‘, und auch aus dermatologischer Perspektive ergibt das keinen Sinn. Es gibt keinen physiologischen Mechanismus im Körper, der das erklären würde.“
Um es kurz zu sagen: Ein paar Gläser Glühwein werden dir keine Falten oder dunkle Augenringe zaubern. „Wir sollten auch betonen, dass unser Essen und Trinken über die Feiertage nur einen sehr kleinen Bestandteil dessen ausmachen, was wir über ein ganzes Jahr hinweg konsumieren“, sagt Kelly. „Was wir an ein paar Tagen oder auch über ein paar Wochen hinweg essen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit keine langfristigen Konsequenzen mit sich ziehen. Weihnachten (und das damit verbundene Essen) sollte genossen werden.“ Dr. Phillips stimmt ihr zu. „Es ist unwahrscheinlich, dass sich das, was du dir an ein paar Tagen gönnst, stark auf deine Haut auswirken könnte“, sagt er und empfiehlt eine langfristige Ernährung voller Obst, Gemüse, Fisch, Nüsse, Vollkornprodukte und braunem Reis. „Sie alle haben eine positive Wirkung auf die Gesundheit, die über die Haut hinausgeht.“ Und wenn du dir trotzdem Sorgen darüber machst, was du aufgrund deiner Hautprobleme essen „darfst“, rät Dr. Mahto dazu, mit einem Arzt oder einer Ärztin darüber zu sprechen.
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Du merkst also: „cheese“, „wine“ oder „chocolate face“ sind Quatsch. Die Expert:innen sind sich jedenfalls in einem Punkt einig: Gönn dir auch ruhig mal was Schönes.
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