Erinnert ihr euch an euren ersten Orgasmus? Meinen hatte ich ungefähr sechs Monate nachdem ich mein erstes Mal hatte, in der elften Klasse, mit meiner Hand herbeigeführt. Ich hatte genug über Sex gelesen um zu wissen, dass das, was mein damaliger Freund mir bescherte, kein Orgasmus war. Auch wenn ich ihn zeitweise in diesem Glauben ließ. Eines Nachts also, legte ich mich zuhause auf mein Bett, packte ein Bild von Johnny Depp aus und hörte nicht auf, bis ich Feuerwerk verspürte. Als ich mich danach im Spiegel ansah, war ich verblüfft: Verdammte Scheiße, seh ich gut aus! Ich strahle!
Das post-koitale Strahlen ist so bekannt wie das Strahlen während der Schwangerschaft. Es ist dieser Rausch, der es einem auf die Stirn schreibt – ob man nun Sex mit dem Partner hatte oder selbst Hand angelegt hat. Was nicht ganz so bekannt ist, ist die Tatsache, dass genau dieses Strahlen unfassbar gut für die Haut ist. „Sex ist für so viele Dinge gut, die Haut gehört auch dazu“, so Eric Marlowe Garrison, klinischer und forensischer Sexualwissenschaftler. „Sex regt die Durchblutung an und kann eine sehr jugendliche Ausstrahlung schaffen.“ Wie das gehen soll? Eine Erweiterung der Blutgefäße sorgt für mehr Sauerstoff im Blut, der wiederum wie pures Kollagen wirkt.
Dr. Elizabeth Tanzi erklärt weiterhin, dass Orgasmen Stress abbauen und somit auch entzündungshemmend wirken können. „Es ist eigentlich ganz einfach – Sex baut Stress ab, was bedeutet, dass Stresshormone im Körper abgebaut und Entzündungsrisiken gehemmt werden“, so Tanzi. Geringes Entzündungspotential führt zu geringerer Akne und weniger Schwellung, sogar weniger Falten – dreifacher Gewinn quasi!
Die Vorteile von Orgasmen scheinen außerdem kumulativ zu funktionieren. Garrison berichtet von vielen älteren Klienten, mit denen er arbeitet, und obwohl er keine Studie hat, um seine Erkenntnisse wissenschaftlich zu belegen, ist er der Meinung, er könne Menschen ansehen, wer regelmäßig masturbiert oder Sex hat. „Diejenigen, die regelmäßig Sex haben, sehen oft jünger aus“, sagt er. „Ich habe noch keinen Beweis für meine Aussagen, aber ich kann es sofort erkennen, wenn jemand in mein Büro kommt.“ Sie strahlen, ihre Haut sähe besser aus, sie sähen teilweise um Jahre jünger aus. Man könne ihnen ihre sexuelle Aktivität im Gesicht ablesen.
Ich begann also nachzudenken: Wenn ich 30 Tage lang jeden Tag einen Orgasmus haben würde, könnte ich dann meine Sammlung an Highlightern und Concealern in meinem Kosmetikschrank nach hinten verfrachten? Könnten 20 Minuten mit meinem Partner (oder mit meinem Dildo) besser für meine Haut sein als jedes Peeling und jede Creme auf dem Markt?
Und so kam ich dazu 30 Tage lang täglich zu kommen. Ha!
WerbungWERBUNG
Ich stellte mir für mein Sexperiment keine Regeln auf: Ich überließ es dem Moment, ob ich meinen Orgasmus mit meinem Partner oder alleine erreichte, im Bett oder in der Dusche, mit der Hand oder dem Vibrator. Ich könnte so viele Orgasmen haben, wie ich wollte, es sollte nur mindestens einer pro Tag sein.
Als ich meinen Freund, nennen wir ihn Jake, bezüglich meines Vorhabens einweihte, fingen seine Augen sofort an zu strahlen, wie die eines Kindes, das gerade einen Zubat bei Pokémon Go geschossen hatte. Es gab jetzt kein Zurück mehr. Er erinnerte mich ständig daran, „Du musst es für die Wissenschaft tun!“ Jedes Mal, wenn wir beide gekommen waren, richtete ich mich auf und fragte ihn ekstatisch: „Und? Strahle ich?!?!“ Während er erst mit den Augen rollte, dann seinen Körper weg von mir, stand ich aus dem Bett auf und rannte zum Spiegel, um mein Ebenbild zu bewundern. Und wie ich strahlte! Der Effekt hielt zwar nicht wirklich lange an, aber wir hatten noch einige Wochen vor uns.
Bei jeder Liebessession zum Höhepunkt zu kommen, klingt anfangs wie eine Utopie. Die Realität kam dem erstaunlich nah: Jake wurde immer aufmerksamer. Er wusste, dass ich es zu einem Orgasmus schaffen musste, also hörte er ganz genau auf meine Bedürfnisse, verfolgte meine Anspielungen und jede kleinste Bewegung. „Wie beschissen soll ich mich denn bitte fühlen, wenn ich weiß, dass du danach noch selbst Hand anlegen musst?“, sagte er. Aber… nun ja, an manchen Sonntagen wäre ich lieber einfach aufgestanden und hätte dekadent gefrühstückt als mich vorher noch stundenlang zu einem morgendlichen Orgasmus zu bringen.
Wann immer Jake nicht da war, gewöhnte ich mir an, vor dem Einschlafen noch eine Runde mit meinem Lieblingsvibrator zu spielen. Ich masturbiere regelmäßig, aber das war gar nicht das Beste an dem Experiment – das eigentlich Beste war die Zeit, die ich mir in diesen Momenten bewusst für mich selbst nahm. In der dritten Woche bemerkte ich dann sichtbare Ergebnisse. Kleine Pickelchen am Kinn verschwanden so schnell, wie sie auftauchten, und mein Teint sah insgesamt sehr viel praller und gesünder aus als sonst. Sogar meine Freundin, die in einer großen PR-Agentur arbeitet und täglich mit zahlreichen aufgehübschten Menschen verkehrt, schaute mich an und fragte, ob ich etwas mit einer Haut getan hätte. „Du strahlst so!“ Wenn die nur wüsste.
Es macht Sinn, betont Garrison, dass Masturbation sogar noch etwas wohltuender ist als Sex mit dem Partner oder der Partnerin – vor allem für Frauen. „Frauen tendieren dazu, beim Masturbieren etwas entspannter zu sein als beim Sex.“
Gegen Ende der dritten Woche stand mir eine Geschäftsreise nach Mailand bevor und ich war in vielerlei Hinsicht aufgeregt. Würde Masturbieren im Hotel auch so gut sein? Oder noch besser, etwa wie aufregender Hotelsex? Als ich jedoch in meinem temporären Zuhause ankam und auspackte, bemerkte ich, dass ich vergessen hatte meinen Vibrator einzupacken. Und jetzt? Hand angelegt hatte ich seit der elften Klasse nicht mehr… Sollte ich losziehen um Mailänder Sexshops aufzusuchen? Muss man bei italienischen Dildos etwas beachten?
Aber dann! Beim Betreten des Badezimmers bemerkte ich, dass neben der Regendusche auch eine Handbrause vorhanden war – ein Instrument, dessen sagenumwobenen Zauber ich noch nie selbst erlebt hatte, also legte ich bei der nächsten Dusche los. Die berauschende Wirkung „effektiv“ zu nennen, wäre eine maßlose Untertreibung. Ich kam aus dem Badezimmer und sah kein bisschen so aus, als hätte ich vor Kurzem einen Ozean überquert. Nein, ich sah aus, als hätte ich einen Kanister voll Sonnenschein verschlungen.
Als ich während der vierten Woche meines Experiments wieder heimkehrte, setzte ich die Challenge nahtlos fort. Mit einem Schmunzeln bemerkte ich irgendwann, dass ich die 30-Tage-Marke schon hinter mir gelassen hatte. Wir hatten einfach weiter gemacht, bis ich Tag 35 zählte. Ich stellte definitiv eine Verbesserung meines Hautbilds fest, und andere sahen es auch. Seit ich in die Pubertät kam, plagte ich mich mit Akne herum. Doch in diesen 35 Tagen erhielt ich so viele Komplimente zu meiner Haut wie noch nie zuvor. Die Ergebnisse halten sich bis jetzt: Meine Haut fühlt sich weicher an und ist praller, strahlender, Unreinheiten und Pickel dominieren nicht mehr meine morgendliche Routine, und ich benutze wesentlich seltener Foundation.
Ob das nun alles von regelmäßigen Orgasmen kommt? Möglich – aber ich vermute, dass es nicht ganz so einfach ist. Täglich Zeit für einen Orgasmus einzuplanen, bedeutete nämlich gleichzeitig, mir Zeit für mich zu nehmen. Ich kommunizierte meine Bedürfnisse und Gelüstete viel deutlicher, was zu sehr viel weniger Anspannung während des eigentlichen Akts führte. Es gab in den ersten Tagen immer wieder Abende, an denen ich ins Bett ging, als mir einfiel, dass ich ja noch gar nicht gekommen war. Das Leben passiert eben, und es fällt oft schwer, sich selbst als Priorität ganz oben auf die Liste zu schreiben, wenn man noch eine Million andere Dinge abzuarbeiten hat.
Ja, viele der Verbesserungen kamen durch die vermehrten Orgasmen, doch Entspannung und Wohlgefühl spielten dabei auch eine wesentliche Rolle. Ich habe das tägliche „Kommen“ damit ersetzt, jeden Tag eine Auszeit mit mir selbst zu verbringen. Das muss nicht zwangsläufig mit Masturbation oder Sex verbunden sein, es kann ein nahrhaftes Dinner sein, was ich mir selbst zubereite und in aller Ruhe auf dem Balkon esse, oder ein langer Spaziergang entlang des East River. Aber manchmal packe ich einfach meinen neuen Vibrator aus, den ich mir zur Belohnung gegönnt habe, und verwöhne mich selbst – und meine Haut.
Floristin: Brittany Asch.
WerbungWERBUNG